Auf die schlanke Tour by Michael Habighorst

Auf die schlanke Tour by Michael Habighorst

Autor:Michael Habighorst
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: dpunkt
veröffentlicht: 2018-03-15T00:00:00+00:00


Kaizen on tour

Mann, was ruckelte das! So ein Mist! Der Lenker flatterte, und das ganze Fahrrad lief total unruhig. Dabei fuhr ich gerade mal etwas über 20 Kilometer pro Stunde. Für alle, die vielleicht nicht so oft Rad fahren: Das ist nicht besonders schnell. Das ist sogar verdammt langsam! Wenn das Rad bei dem Tempo schon zitterte wie ein Junkie auf Entzug, was sollte das erst werden, wenn ich mal die Möglichkeit zu einer Schussfahrt an einem steilen Berg haben würde? An freihändiges Fahren war gar nicht zu denken bei der Unruhe. Dabei hatte ich mich darauf schon so gefreut, denn freihändig fahren ist die ideale Entspannung zwischendurch. Ich merkte, dass ich mit meinen Standards beim Packen noch nicht am Ziel war. Zwar kam ich jetzt viel schneller an meine Regenjacke, aber was nützte mir das, wenn die Gewichtsverteilung überhaupt nicht stimmte? Mit einem so unruhigen Lauf des Fahrrads konnte ich auf die Dauer nicht leben. Also war Feinabstimmung angesagt. Eigentlich ist das auch der nächste Schritt im Lean Management und deshalb keine große Überraschung.

Übung ist Übung und Ernstfall ist Ernstfall

Überrascht war ich in gewisser Weise trotzdem. Denn ich hatte total unterschätzt, welche Rolle die Gewichtsverteilung beim Gepäck spielte. Mit einem so starken Aufschaukeln hatte ich nicht gerechnet. Insgesamt hatte ich zwei Packtaschen und zwei Packsäcke am Vorderrad und zwei Packtaschen und zwei Packbeutel am Hinterrad. Mein Fahrrad hatte große 28-Zoll-Räder. Trotzdem ließ es sich von der falschen Gewichtsverteilung erschreckend leicht aus der Ruhe bringen. Warum hatte ich das während meiner Testtour durch die Vogesen nicht gemerkt? Da hatte ich viel weniger Gepäck dabei. Ein Aufschaukeln hatte ich auch während schneller Bergabfahrten niemals feststellen können. Ohnehin hatte ich dem Packen da noch nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt. Das war mir weniger wichtig gewesen. Übung ist eben Übung und Ernstfall ist Ernstfall. Bei der Feuerwehr weiß man das, und für monatelange Radtouren gilt es auch. Hier zeigt sich wieder, wie schnell Planung an Grenzen stößt. Agiles Vorgehen war angesagt.

Faktoren in Einklang bringen

Durch Ausprobieren und Abstimmen musste ich beim Gepäck drei wesentliche Faktoren in Einklang bringen: Erstens sollten sich die zehn Packbeutel morgens möglichst schnell und einfach in die vier großen Fahrradtaschen packen lassen. Zweitens wollte ich an häufig benötigte Dinge, wie etwa meine Regensachen, so unkompliziert wie möglich herankommen. Und drittens hätte ich auch gerne noch eine Gewichtsverteilung hinbekommen, bei der sich das Fahrrad möglichst gar nicht mehr aufschaukelt, selbst nicht bei rasanten Abfahrten am Berg. So schnell kann es komplex werden! Jede Änderung, die bei einem der drei Faktoren etwas verbessert, kann sich negativ auf einen oder beide der anderen auswirken. So verbrachte ich die nächsten Tage damit, immer wieder zu experimentieren, Kleinigkeiten zu verändern und die Auswirkungen zu testen. Das ist nichts anderes als ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Oder auf Japanisch: Kaizen.

Bevor ich verschiedene Dinge aufeinander abstimme, sollte ich erst mal wissen, wie jedes für sich am besten funktioniert. So war es zum Beispiel bei meinen Regensachen. Von 109 Tagen meiner Tour hat es an 47 Tagen geregnet. Zeitweise habe ich viermal am Tag Regensachen ein- und ausgepackt.



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