Noch einmal leben by Robert Silverberg

Noch einmal leben by Robert Silverberg

Autor:Robert Silverberg [Silverberg, Robert]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Moewig 3521
veröffentlicht: 2014-02-04T00:00:00+00:00


9

Mit deutlich erzwungener Freundlichkeit sagte Francesco Santoliquido: „Wie schön, Sie wiederzusehen, John. Ich freue mich immer, wenn Sie einmal hereinschauen.“

Roditis nahm die ausgestreckte Hand. Sie war weich und warm, und wenn auch nicht eigentlich erschlafft, so doch die Hand von jemandem, der Luxus und Komfort nicht verschmähte. Auch die Einrichtung in seinem Büro wies nicht daraufhin, daß Santoliquido spartanisch lebte.

„Einen Drink?“

„Gerne, Frank.“

Beide preßten die Spitze einer Ultraschallampulle an ihre Arme. Santoliquido strahlte. „Du siehst gut aus, John. Bist wohl immer noch ganz versessen auf dein Fitness-Training, was?“

„Ich habe nur diesen Körper zur Verfügung“, sagte Roditis. „Daher respektiere ich ihn auch.“

„Natürlich.“ Plötzlich drückte der Blick des Direktors Vorsicht aus. Roditis vermutete, daß der ältere Mann Angst vor ihm hatte, und das gefiel ihm, weil Santoliquido eine so bedeutende Persönlichkeit in dieser Welt war, eine ungeheuer bedeutende sogar. Er fragte sich, was Elena dem Direktor des Scheffing-Instituts von ihm erzählt hatte, und was Santoliquido wohl geantwortet hatte.

„Die Statue wirkt doch jedesmal wieder faszinierend“, sagte Roditis.

„Kozaks Werk? Ja, es ist wirklich ein Meisterstück.“ Santoliquido kicherte. „Glauben Sie ja nicht, ich hätte vergessen, daß Anton Kozak hinter ihren Augen steckt. Hat er Sie denn schon einmal dazu gebracht, sich selbst an einer Schallskulptur zu versuchen?“

„Er drängt mich“, sagte Roditis. „Aber ich kenne meine Grenzen.“

„So spricht ein weiser Mann.“

„Ich besitze einfach nicht Kozaks Begabung. Daher möchte ich seinen Namen nicht verunglimpfen, indem ich auf Bildhauer mache. Sein Geist kann meine Hände schließlich nicht führen.“

„Natürlich nicht“, räumte Santoliquido ein.

„Er freut sich, dieses Stück wiederzusehen. Anton sagt mir, es wäre eines seiner Lieblingswerke. Er war ein begnadeter Künstler, Frank. Ich lobe mich selbst immer wieder dafür, ihn genommen zu haben. Wissen Sie, ein Mann wie ich, ein Mann des Geldes, hat nicht viele Gelegenheiten, die Ästhetik und Schönheit würdigen zu lernen. Kozak hat mir das beigebracht. Heute weiß ich, was der Begriff Bildkomposition bedeutet, was Harmonie und Symmetrie der Form heißt. Das hat mich reicher gemacht.“

„Das ist ja auch Sinn und Zweck des Scheffing-Prozesses“, sagte Santoliquido salbungsvoll. „Den Horizont des Trägers zu erweitern und zu vergrößern. Ganz zweifellos hat Anton Kozak den Horizont Ihres ästhetischen Auges erweitert. Aber sagen Sie mir doch, John, wie kommt es Kozak denn vor, die Welt durch die Augen eines Milliardärs zu sehen?“

„Ich glaube, es bereitet ihm Vergnügen. Beklagt hat er sich jedenfalls noch nie. Er hatte sich in seinem Leben viel zu einseitig mit Schöngeistern umgeben. Jetzt entdeckt er eine andere Facette der Wirklichkeit. Ich bin sicher, wenn er seine nächste Transplantation bekommt, wird er versuchen, etwas von seinem neuerworbenen Wissen künstlerisch zum Ausdruck zu bringen. Das heißt natürlich, falls er soviel Glück hat und von einem mit hinreichender Begabung zur Erschaffung von Schallskulpturen genommen wird.“

„Das liegt aber noch weit in der Zukunft“, sagte der Direktor nervös. „Sie sehen doch noch sehr gesund aus, John. Und es wird noch lange Zeit dauern, bis Sie oder Ihr Fremdbewußtsein auf eine Wiedergeburt warten müssen, da bin ich mir ziemlich sicher.“

„Das will ich hoffen.“

„Und Walsh? Der alte Elio? Wie gedeiht er denn so?“

„O, ganz gut“, sagte Roditis.



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