03 - Nicht tot genug by Peter James

03 - Nicht tot genug by Peter James

Autor:Peter James
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


DAS SCHWEIGEN WURDE FLÜCHTIG durch das Klirren eines Teelöffels unterbrochen, als Moira Denton in ihrer zierlichen Porzellantasse rührte. Bishop war mit seinen Schwiegereltern nie gut zurechtgekommen, was zum Teil auch daran lag, dass die beiden miteinander nicht zurechtkamen. Er erinnerte sich an einen Ausspruch über Menschen, die ein Leben in stiller Verzweiflung führten. Damit war die Beziehung zwischen Frank und Moira Denton leider nur allzu treffend beschrieben.

Frank war ein Serienunternehmer – und ein Serienversager. Aus familiärer Solidarität hatte Brian etwas Geld in sein letztes Unternehmen investiert: eine Fabrik in Polen, die Weizen zu Biodiesel verarbeiten sollte. Die Sache hatte sich als Flop erwiesen, genau wie alles, was Frank zuvor versucht hatte.

Außerdem war Frank Denton ein Serienehebrecher. Ein groß gewachsener Typ Ende sechzig, der bis vor kurzem viel jünger ausgesehen hatte. Früher hatte er Brian an einen liebenswerten, verwegenen Piraten erinnert, doch als er nun mit hängenden Schultern im Sessel hockte, unrasiert, ungekämmt, mit einem verknitterten weißen Hemd, sah er aus wie ein trauriger, gebrochener alter Mann. Seinen Brandy hatte er nicht angerührt.

Moira saß ihm gegenüber an dem geschnitzten Couchtisch, auf dem der Argus vom Vortag mit der schreienden Schlagzeile lag. Anders als ihr Mann hatte sie sich um ein gepflegtes Äußeres bemüht. Mit Mitte sechzig sah sie noch gut aus und hätte noch besser ausgesehen, wenn sich nicht eine gewisse Bitterkeit in ihr Gesicht gegraben hätte. Sie hatte ihr Haar schwarz gefärbt und ordentlich hoch gesteckt, trug ein schlichtes graues Oberteil, einen blauen Faltenrock und flache Schuhe. Geschminkt war sie auch.

Die Wohnung war unerträglich heiß. Im Fernseher, der ohne Ton lief, rannte gerade ein Elch durchs offene Grasland. Da die Dentons die meiste Zeit in ihrer Wohnung in Spanien verbrachten, fanden sie England selbst im Hochsommer unerträglich kalt. Folglich lief die Heizung auf Hochtouren, und alle Fenster waren geschlossen.

Brian trank sein drittes San-Miguel-Bier, und ihm knurrte der Magen, obwohl Moira ihnen eben erst ein Essen serviert hatte. Er hatte das kalte Huhn und den Salat kaum angerührt, ebenso die Pfirsiche aus der Dose, die es zum Nachtisch gab. Er hatte überhaupt keinen Appetit. Nach Reden war ihm auch nicht zumute. Sie hatten die meiste Zeit schweigend dagesessen und nur überlegt, ob Katie beerdigt oder eingeäschert werden sollte. Brian hatte nie mit ihr darüber gesprochen, doch ihre Mutter beharrte darauf, dass Katie eingeäschert werden wollte.

Frank und seine Frau hatten sich am Vortag im Leichenschauhaus von ihrer Tochter verabschiedet und waren bei dem Gespräch eben in Tränen ausgebrochen.

Für seine Schwiegereltern war es natürlich ein schwerer Schlag. Katie war nicht nur ihr einziges Kind gewesen, sondern das einzig wirklich Wertvolle in ihrem Leben. Katie war das Einzige gewesen, das sie verband. An einem besonders unerfreulichen Weihnachtsfest, bei dem Moira zu viel Sherry, Champagner und Baileys getrunken hatte, hatte sie Brian anvertraut, dass sie Frank nur um Katies Willen seine ganzen Affären verziehen hatte.

»Schmeckt dir das Bier, Brian?«, erkundigte sich Frank. Er bemühte sich um einen vornehmen Akzent, um seine Herkunft aus der Arbeiterklasse zu verschleiern. Auch Moira sprach sehr affektiert und fiel nur, wenn sie getrunken hatte, in ihren alten Lancaster-Akzent zurück.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.