Zwei plus Vier by Tim Geiger Jürgen Lillteicher Hermann Wentker

Zwei plus Vier by Tim Geiger Jürgen Lillteicher Hermann Wentker

Autor:Tim Geiger, Jürgen Lillteicher, Hermann Wentker
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: De Gruyter
veröffentlicht: 2021-12-06T19:36:33.343000+00:00


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Die KSZE als antideutsches Instrument: Die DDR und Großbritannien

Als am 12. Februar 1990 am Rande der Open-Skies-Konferenz in Ottawa der Zwei-plus-Vier-Rahmen begründet wurde, in dem über die äußeren Aspekte der Wiedervereinigung beraten werden sollte, amtierte in Ost-Berlin noch die Regierung des vermeintlichen Reformkommunisten Hans Modrow. Als DDR-Außenminister nahm daher der langjährige Honecker-Vertraute Oskar Fischer an der Konferenz teil. Er forderte, „durch kooperative, bündnisübergreifende Strukturen zu einer neuen, produktiven Stabilität zu gelangen“, wobei man auf dem KSZE-Prozess aufbauen könne.17 Seit Anfang 1990 konnte im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR (MfAA) eine Hinwendung zur KSZE beobachtet werden, was gegenüber der DDR-Position von Anfang 1989 eine Kehrtwendung um 180 Grad darstellte.18 Nach dem Treffen von Ottawa forderte das MfAA neben den dort vereinbarten Verhandlungen im Zwei-plus-Vier-Rahmen ein rasches Expertentreffen der 35 KSZE-Staaten zur Vorbereitung des inzwischen für 1990 vorgesehenen Gipfeltreffens und regelmäßige Informationen der beiden deutschen Staaten für die anderen KSZE-Staaten über die von ihnen vorgesehenen Schritte zur deutschen Vereinigung; auf der Konferenz sollten beide einen gemeinsamen Entwurf einer Erklärung einbringen, „die Bestandteil des Konferenzergebnisses werden soll“.19 Das ostdeutsche Außenministerium sprach sich demnach für eine enge Verklammerung von KSZE- und deutschem Vereinigungsprozess aus. Das entging dem Bonner Auswärtigen Amt nicht, das darin eine „entschlossene Flucht nach vorn [erblickte], um eine möglichst lange Übergangsphase zu erreichen“.20 Überdies verfolgte die DDR mit dem verstärkten KSZE-Bezug das Ziel einer „systemübergreifende[n] Friedensordnung“, die ohne die militärischen Bündnissysteme auskam.21 Der KSZE-Bezug hatte für die Regierung Modrow und Außenminister Fischer vor allem taktischen Charakter: Der deutsche Vereinigungsprozess sollte in die Länge gezogen werden, indem man diesen von der Herstellung eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems ohne NATO und Warschauer Pakt abhängig machte.22

Doch nicht nur die alte DDR-Führung, sondern auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher war eine dezidierte Gegnerin der Wiedervereinigung.23 Anfang Februar 1990, als das Format der internationalen Verhandlungen darüber noch unklar war, bekundete auch sie ihre Auffassung, dass die vier Siegermächte und die beiden deutschen Staaten ein geeignetes Forum abgeben würden; auf lange Sicht aber sah sie (wie auch Außenminister Douglas Hurd) „the CSCE as a potential framework within which to dilute German influence in Europe“.24 Gegen ein KSZE-Format bei den Verhandlungen über die deutsche Einheit sprach sich auch der Planungsstab im Foreign and Commonwealth Office (FCO) aus, der dieses Forum als zu groß „for a serious negotiation on such a sensitive issue“ ansah.25 Als auf der Open-Skies-Konferenz in Ottawa der Zwei-plus-Vier-Mechanismus etabliert wurde, der die britische Partizipation an der Herstellung der deutschen Einheit im Rahmen regulärer Konferenzen vorsah, war dies daher sowohl für die Premierministerin als auch für den Außenminister die geeignete Lösung. Hurd, der seit dem Herbst 1989 mit der politischen Linie der Premierministerin gehadert hatte, sah darin „a godsend“, da diese Idee mit Thatchers Überlegungen und den seinigen übereinstimmte26, sodass London von nun an nach außen wieder mit einer Stimme sprechen konnte.

Gleichwohl blieb für die „Eiserne Lady“ ein wiedervereinigtes Deutschland bedrohlich. Daher hielt sie in einem Telefonat mit Präsident Bush am 24. Februar 1990 die Vereinigung im NATO-Rahmen für sehr wünschenswert; für die Zukunft wollte sie jedoch



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