Zipfelklatscher by Heidi Hohner

Zipfelklatscher by Heidi Hohner

Autor:Heidi Hohner [Hohner, Heidi]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3492959598
Goodreads: 17374271
Herausgeber: Piper (com)
veröffentlicht: 2013-01-01T23:00:00+00:00


Als Kind haben meine Schwester und ich immer ein Spiel gespielt – wir legten alle vier Hände aufeinander, und wessen Hand die unterste war, der musste sie herausziehen und oben drauflegen. Und der Nächste: unten rausziehen und oben drauf. Nächste Hand, und immer schneller und immer schneller, bis wir wegen Fingersalat aufhören mussten. Genau das machen mein Kopf und mein Bauch gerade mit meinen zwei neuen Vorsätzen. Zuerst mit Michi-Mike essen gehen! Oder zuerst beim Krug David entschuldigen? Immer wenn ich mich für eine dieser Möglichkeiten entschieden habe, kommt die andere von unten hervorgeflogen und legt sich oben drauf. Eigentlich würde ich gerne zuerst mit dem Michi-Mike essen gehen, das ist nicht halb so unangenehm. Aber da rührt sich nichts bei mir. Nicht im Bauch, nicht im Kopf. Kein: Au ja! Sondern: Warum gleich noch mal habe ich gerade gedacht, dass das eine prima Idee ist? Ach so, weil ich herausfinden will, ob der Michi-Mike nicht vielleicht ein interessanterer Kerl geworden ist, als ich gedacht habe. Denke. Gedacht habe. Gut. Also beschließe ich, gleich nachher den Michi-Mike anzurufen.

Zehn Sekunden später werfe ich alles über den Haufen: Ich sollte unbedingt zuerst ins Hotel gehen und David Krug suchen! Weil ich nicht in Ruhe essen gehen kann, bevor ich nicht die Hotelblamage ins Reine gebracht habe. Aber dann stelle ich mir vor, wieder vor dem oberschlanken Schweizer zu stehen und ihm vielleicht sogar in die Augen zu sehen, und wenn der dann wieder so enttäuscht schaut, mit diesen blauen Augen und den dunklen Augenbrauen darüber? Was sag ich dann? Tut mir leid, ich mach’s nie wieder? Ich hab’s ja nicht bös gemeint? Ich habe niemandem etwas geklaut, ich wollte nur ein bisschen Spaß haben? Was will ich eigentlich erreichen? Dass der wieder bei mir Fisch bestellt? Dass er mir einen Passierschein gibt für die nächsten zehn Hochzeiten, inklusive Weggucken des gesamten Personals? Ein Vögel-Abo, von ihm abgesegnet? Das kann es nicht sein. Ich muss da hoch, damit er mich wieder so ansieht wie vor der Party. Als wir das letzte Motorrad in Reih und Glied gestellt hatten. Und er mich verschwitzt angelacht und mit diesem kratzigen Akzent gesagt hatte: »Danke! Ich bin der David!« Genau so soll er mich wieder ansehen! Und nicht denken, ich hätte mich wahllos in Hotelbetten herumgewälzt, weil …, weil … Warum eigentlich? Weil ich Sex haben wollte? Das stimmt nämlich leider. Ob er das wohl geglaubt hat, dass ich dem Tätowierer die Brieftasche klauen wollte? Keine Ahnung. Ich kann unmöglich zum Hotel hochgehen, es ist einfach zu kompliziert.

Also doch lieber zuerst mit dem Michi-Mike essen gehen?

Und alles geht wieder von vorne los.

Ich schnappe mir meine Gummistiefel und meine Angel und beschließe, in der Schafwaschener Bucht auf Zander zu gehen. Denn das Wetter ist genauso, wie diese Fische es mögen. Leicht diesig, aber warm. Aber für so eine entspannte Angelegenheit wie das Angeln fehlt mir heute die Ruhe. Wahrscheinlich hocken ein paar kapitale Zander direkt unter meinem Boot und lachen sich in die Flosse, weil ich ständig herumwackle.



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