Worte wie Pfeile: Über emotionale Gewalt an unseren Kindern und wie wir sie verhindern by Anke Elisabeth Ballmann

Worte wie Pfeile: Über emotionale Gewalt an unseren Kindern und wie wir sie verhindern by Anke Elisabeth Ballmann

Autor:Anke Elisabeth Ballmann
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
veröffentlicht: 2022-03-24T09:58:24+00:00


Emotionale Gewalt beeinträchtigt Beziehungen

Blaue Flecken durch physische Verletzungen werden eines Tages verheilen. Doch die Worte, Gesten und Handlungen, die unsere Seele treffen, also die von mir sogenannten Seelenprügel, beeinträchtigen uns oft ein Leben lang und wirken auch noch auf die folgenden Generationen nach. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Menschen, die von emotionaler Gewalt in der Kindheit betroffen sind, häufiger Schwierigkeiten mit der eigenen Elternrolle haben. Sie sind öfter emotional distanziert oder kalt und können nicht adäquat auf die Bedürfnisse ihrer Kinder reagieren. Oder sie erleben diese als unangemessen anstrengend oder fordernd, was das Risiko für weiteren emotionalen Missbrauch in der Folgegeneration erhöht.110 Emotionale Gewalt ist ein Teufelskreis, der von einer Generation an die nächste weitergegeben wird, aber nur so lange, bis ein Mensch es schafft, sich anders zu verhalten – dann ist der Teufelskreis sogleich durchbrochen.

Erwachsene, die als Kinder seelische Gewalt erfuhren, haben oft Schwierigkeiten, stabile und verlässliche Bindungen zu anderen einzugehen, ob zu Partnern und Freunden, aber auch zu Therapeuten und Ärzten. Es ist, als trügen sie eine Brille, mit der sie die Menschen in ihrem Umfeld und deren Verhalten sehr viel negativer bewerten, als dies in Wirklichkeit der Fall ist. Das wirkt sich auf ihr Selbstbild und auf ihre Lebensentscheidungen aus, sie sehen an sich, an anderen und an der Welt erst einmal das, was ihnen nicht gefällt oder sogar das, was den anderen unglücklich erscheinen lässt. Es ist der Blick durch die schwarze Brille, der emotional verletzte Menschen oft ein Leben lang begleitet.111

Eine amerikanische Studie, an der 184 Collegestudenten beteiligt waren, konnte aufzeigen, dass in der Kindheit erlebte emotionale Gewalt nach sexualisierter Gewalt der zweithöchste Risikofaktor war, um bei Männern sexuelle Aggressionen auszulösen oder sie selbst zu Opfern sexualisierter Gewalt im Erwachsenenalter zu machen. Bei Frauen steht in solchen Fällen vor allem die Viktimisierung im Vordergrund.112 Was bedeutet das im Detail? Menschen, die Opfer seelischer Gewalt waren, begeben sich unbewusst häufiger in Situationen, in denen sie selbst sexuelle und damit auch seelische Gewalt ausüben oder von ihr betroffen sind. Die Ursache dafür ist in den verschiedenen Bindungsstilen zu finden, die wiederum von frühen Bindungserfahrungen in der Kindheit geprägt werden.



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