Wie funktioniert die Welt? by Brockman John

Wie funktioniert die Welt? by Brockman John

Autor:Brockman, John [,]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-10-402744-9
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2013-10-16T22:00:00+00:00


Bruce Hood

Komplexität aus Einfachheit

Direktor des Bristol Cognitive Development Centre, Universität Bristol, Großbritannien; Autor von The Self Illusion: How the Social Brain Creates Identity

Als Wissenschaftler, der sich mit komplexen Verhaltens- und Kognitionsprozessen beschäftigt, finde ich meine tiefgreifende, elegante Erklärung nicht in der Psychologie (die selten einmal elegant ist), sondern in der Mathematik der Physik. Für mich hat Fouriers Theorem alle Einfachheit anderer altvertrauter wissenschaftlicher Erklärungen und doch mehr Kraft als sie. Einfach formuliert, besagt es: Jedes komplexe, zeitliche oder räumliche Muster kann man als Serie überlappender Sinuswellen unterschiedlicher Frequenz und Amplitude beschreiben.

Zum ersten Mal begegnete mir Fouriers Theorem, als ich in Cambridge als Doktorand die Entwicklung der Sehfähigkeit erforschte. Dort lernte ich Fergus Campbell kennen, der in den 1960er Jahren nachgewiesen hatte, dass Fouriers Theorem nicht nur eine elegante Methode zur Analyse komplexer visueller Muster darstellt, sondern auch biologisch plausibel ist. Diese Erkenntnis sollte später zu einem Grundstein für verschiedene Computermodelle des Sehens werden. Aber warum soll man die Analyse auf das Sehen beschränken?

Letztlich kann man jeden komplexen physikalischen Vorgang auf die mathematische Einfachheit von Sinuswellen zurückführen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um van Goghs »Sternennacht«, Mozarts Requiem, Chanel No. 5, den »Denker« von Rodin oder einen Waldorfsalat handelt. Jedes komplexe Muster in der Umwelt kann in ein neuronales Muster umgesetzt werden, das sich seinerseits in eine Vielzahl von Sinuswellen zerlegen lässt, die sich aus dem Output der Neuronenpopulationen ergeben.

Vielleicht leide ich unter einem gewissen Physikneid, aber, um Lord Kelvin zu zitieren: »Fouriers Theorem … ist nicht nur eines der schönsten Ergebnisse der modernen Analysis, sondern man kann auch sagen, dass es uns ein unverzichtbares Instrument zur Behandlung nahezu jeder unergründlichen Frage in der modernen Physik zur Verfügung stellt.«[30] Ein höheres Lob kann es nicht geben.



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