Wetter macht Liebe: Wie Wind und Wolken unsere Gefühle verändern und andere rätselhafte Phänomene der Erde - Ein SPIEGEL-Buch by Axel Bojanowski

Wetter macht Liebe: Wie Wind und Wolken unsere Gefühle verändern und andere rätselhafte Phänomene der Erde - Ein SPIEGEL-Buch by Axel Bojanowski

Autor:Axel Bojanowski [Bojanowski, Axel]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Nature, General, Technology & Engineering
ISBN: 9783641206086
Google: x-GmDQAAQBAJ
Herausgeber: DVA
veröffentlicht: 2017-04-10T10:27:13.582000+00:00


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Die Wolkenzähler

Gewittert es im Westen Afrikas, blicken Atmosphärenforscher gebannt auf ihre Monitore: Genauer als je zuvor verfolgen sie, wie die Gewitter zu riesigen Sturmwirbeln verschmelzen – zum Hurrikan. Das Besondere: Auf den Wettersimulationen der Forscher sind neuerdings selbst kleine Wolken erkennbar – die konnte man bislang nur auf Satellitenfilmen sehen, nicht aber auf den Simulationen, die Klimaprognosen ermöglichen. Die bunten Filme versetzen Forscher regelrecht in Ekstase – die präzisen Wetterbilder könnten das größte Rätsel der Klimaforschung lösen: Wie schlimm wird die Erwärmung? Wolken entscheiden darüber, wie stark der Mensch das Klima ändert. Doch es mangelt an Grundwissen, selbst der grobe Trend ist unbekannt: Werden Wolken mehr oder weniger im Zuge der Erwärmung? Niemand weiß es.

Die Frage ist entscheidend: Mehr der tief fliegenden Schattenspender würden die Erwärmung bremsen, weniger von ihnen hingegen würden dafür sorgen, dass mehr Sonnenstrahlung den Boden erreicht – die Erwärmung würde verstärkt. Doch bislang sind auf Klimasimulationen keine einzelnen Wolken erkennbar. In die Rechnungen fließen lediglich Schätzwerte ein – für Gebiete von der Größe deutscher Bundesländer geben die Rechnungen zum Beispiel 30 Prozent Bewölkung für einen bestimmten Zeitpunkt an. Die Vereinfachungen stellen die Klimaprognosen nicht komplett infrage: Schließlich sollen sie nicht das exakte Wetter, sondern das durchschnittlich herrschende Klima vorhersagen, also grobe Veränderungen zeigen. Die Unsicherheiten der Rechnungen sind aber doch so groß, dass der UN-Klimarat trotz aller Warnungen vor drohenden Umweltveränderungen nur grobe Spannen für die zu erwartende Erwärmung angibt: Würde sich die Menge des Treibhausgases CO₂ in der Luft verdoppeln, dürfte sich die globale Durchschnittstemperatur in Bodennähe um 1,5 bis 4,5 Grad erhöhen, fasst der Klimarat den Stand des Wissens zur Klimasensitvität zusammen.

Vor allem das Unwissen über die Wolken sorgt für die große Unsicherheit. Trotz Abertausender Forschungsprojekte ließ sich die Spanne seit 25 Jahren nicht verkleinern – die Klimaforschung kommt bei ihrer Schicksalsfrage nicht voran. Zwei teure Neuerungen sollen das nun ändern: Simulationen und Forschungsflugzeuge.

Ihre genauen Hurrikan-Simulationen seien nur möglich, weil neue Computer in Klimaforschungszentren in Hamburg und im britischen Reading doppelt so viel Rechenleistung brächten wie ihre Vorgänger, sagt Matthias Brueck vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Der Klimatologe spricht von Goldgräberstimmung seiner Zunft. »Erstmals haben wir mit den Simulationen genaue Kopien der Wirklichkeit.«

Wie passend, dass auch die Flotte der Forschungsflugzeuge modernisiert wurde. Mit »Halo« verfügt die deutsche Klimaforschung nun über ein Flugzeug, das mit 15 Kilometern weitaus höher fliegen kann als seine Vorgänger. Es hat ein breites Arsenal von Geräten an Bord, die etwa Hurrikane von oben vermessen können. Mit den Flugzeugdaten lasse sich prüfen, wie gut die Computersimulationen das reale Wettergeschehen wiedergeben, betont Brueck.

Hurrikane bieten den Forschern beste Gelegenheit: Sie lassen ihre Simulationen laufen, die zeigen, wie sich die Sturmwirbel Richtung Amerika über den Atlantik schieben. Dann fliegen die Forscher dem Wetterungetüm mit »Halo« entgegen – und zählen die Wolken, um zu kontrollieren, ob die Simulationen tatsächlich die Wirklichkeit abbilden. Die Daten werden noch ausgewertet. Je realistischer die Simulationen seien, desto besser gerieten künftige Hurrikan-Warnungen, sagt Brueck. Bislang ließe sich nicht vorhersagen, aus welchen Gewittern Hurrikane entstehen. Die Simulationen aber verrieten den Zustand der Wirbel im Detail, sogar die Menge der Energie im Innern ließe sich erkennen.



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