Vielleicht will der Kapitalismus gar nicht, dass wir gluecklich sind by Hoefer Max. A

Vielleicht will der Kapitalismus gar nicht, dass wir gluecklich sind by Hoefer Max. A

Autor:Hoefer, Max. A [Hoefer, Max A]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-10-13T17:00:00+00:00


»Wo sehen Sie sich in zwei Jahren?«

Man könnte so weit gehen, zu sagen, dass das Ich und der Unternehmenserfolg identisch werden. Bewerber passen sich bereits vorbeugend an: Früher begann ein Lebenslauf chronologisch, enthielt Angaben über Eltern, Geschwister und erste Lebensstationen. Der Lebenslauf von heute ist demgegenüber viel angepasster. Er beginnt mit der Gegenwart und ist so aufgebaut, als ob der neue Job, für den man sich soeben bewirbt, der Gipfel einer methodisch geplanten Berufskarriere sei, so etwas wie der krönende Abschluss, die Antwort auf die in zahllosen Feedback-Gesprächen gestellte Frage: »Wo sehen Sie sich in zwei Jahren?«

Ein freier Mensch wird in einem Angestelltenverhältnis stets zwei Ziele versuchen zu vereinbaren: ein gutes Leben für sich selbst und die Erfüllung der übernommenen Aufgaben im Unternehmen. Er wird, völlig legitimerweise, Tätigkeiten, die ihn persönlich im Job weiterbringen, verstärkt verfolgen, und er wird versuchen, diese gut mit seinen anderen Eigenschaften, etwa als Familienvater, zu verbinden. Kurzum: Das Verhältnis kann nicht konfliktfrei sein, wenn der Angestellte nicht seine Persönlichkeit völlig aufgibt.

Die Idee des 360-Grad-Feedbacks will aber in ihrer perfekten Form genau das. Die Selbstverbesserung dient dazu, Fehler und Versäumnisse, die dem Firmenerfolg schaden, im Verhalten zu eliminieren und den Mitarbeiter immer weiter auf seine Kompatibilität mit den Interessen der anderen hin zu optimieren. Gerechtfertigt wird das mit dem angeblich allgegenwärtigen Wettbewerb, der dazu zwingt, sich den Wünschen der Kunden, der Finanzinvestoren, der Umweltverbände anzupassen.9



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