Verurteilt by Pragst Robert

Verurteilt by Pragst Robert

Autor:Pragst, Robert
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
veröffentlicht: 2012-12-31T16:00:00+00:00


Auf dem Boden der Realität

Kurz nachdem Masut seinen Hauseingang betreten hatte und noch bevor er den Lichtschalter betätigen konnte, griffen mehrere Hände nach ihm. Die Überraschung währte nur eine Sekunde, dann wusste er, dass es Polizeibeamte waren. Die Haustür hinter ihm wurde aufgestoßen und weitere Männer stürmten herein. Die Türangeln quietschten laut und das Türblatt schlug mit Wucht gegen die Wand. Masut überlegte, ob ein Foto von seiner Haustür nun vielleicht auch als Kandidat für die »Tür des Monats« herumgereicht würde, wobei es für ihn diesmal nichts zu lachen gab. Die Kollegen, er vermutete, dass welche vom Sondereinsatzkommando dabei waren, verstanden keinen Spaß. Er musste sich auf den Fußboden legen und spürte den kalten Fliesenboden an seiner Wange und die Handschellen, die hinter seinem Rücken zuschnappten. Dann ließen sie ihn los. Er lag noch einen Moment flach auf dem Gesicht, mit ausgestreckten Beinen, in einer fast friedlichen Haltung und sah aus den Augenwinkeln die Drogenspürhunde, welche an ihm vorbei zu seiner Wohnung geführt wurden. Es war aus und er fürchtete sich ein wenig davor, gleich wieder aufstehen und sich der Realität stellen zu müssen. Aber es war unumgänglich, schließlich bestand das ganze Leben daraus, früher oder später wieder aufzustehen.

Sie brachten ihn zur Gefangenensammelstelle, wo ihm mit richterlichem Beschluss eine Haarprobe entnommen wurde. Alles wirkte genau vorbereitet. Wahrscheinlich ermittelten sie bereits seit geraumer Zeit gegen ihn, dachte Masut. Hatten ihn bei den Partys von Mustafa beobachtet und sein Handy überwacht. Bei der Durchsuchung jetzt hatten sie sein Kokain und das Zubehör in seiner Wohnung sichergestellt und vermutlich schon ein paar Zeugenaussagen eingesammelt, von Junkies, deren Drogen er beschlagnahmt, aber nicht komplett abgeliefert hatte. Und von anderen, denen er Drogen für Informationen gegeben hatte. Auf dem Weg in den Vernehmungsraum meinte er für einen Augenblick das Profil von Ismail am anderen Ende des Flurs zu sehen. Ihn hatten sie also auch am Wickel.

Dann saßen ihm zwei Ermittler in Zivil gegenüber. Er hatte sie noch nie gesehen, wusste aber, dass sie dieser berüchtigten Einsatzgruppe angehörten, welche die Kriminalität innerhalb der Polizei bekämpfte. Sie hatte so einen komisch transparenten Namen wie »Glas« oder »Eisklar« und richtig beliebt war sie bei den Kollegen natürlich nicht.

Die zwei Vernehmungsbeamten gaben sich betont locker und souverän. Einer saß auf der Tischkante und blätterte ohne aufzuschauen mit gehobenen Augenbrauen und nickend in einer Ermittlungsakte, so als würde er sich über den merkwürdigen Fisch wundern, der ihnen ins Netz gegangen war. Der andere saß hinter seinem Tisch und sah Masut freundlich an, wobei er ihn mit der Hand aufforderte, Platz zu nehmen.

Masut zwängte seinen breiten Körper zwischen die Stuhllehnen und grinste den Polizisten an. Nicht, dass ihm diese Vernehmungssituation unbekannt gewesen wäre. Nur erlebte er sie dieses Mal eben von der anderen Seite. Egal welches Spiel sie jetzt mit ihm abziehen wollten, er würde gar nichts sagen. Man wusste ja, dass sie einem aus allem Möglichen später einen Strick drehen wollten. Immerhin kannte er die Namen einiger erfahrener Strafverteidiger, die öfter mal Polizisten vertraten. Sollten sie sich doch mit seinem Anwalt herumschlagen.



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