Reality Show by Anne Freytag

Reality Show by Anne Freytag

Autor:Anne Freytag [Freytag, Anne]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783423439220
Herausgeber: dtv


Philip.

Der Feind in seinem Bett.

»Sie wird zum Problem«, sage ich in dem Moment, als Erich in Boxershorts und T-Shirt die Küche betritt. Er bleibt barfuß neben dem Tisch stehen und schaut mich an.

»Du weißt, dass es so ist«, sage ich, als er nicht antwortet, und sein Blick ist eine Mischung aus feindselig und einsichtig. Wie ein Mann und ein Kind in nur einem Gesicht.

Er sieht verschlafen aus. Und auf eine Art zufrieden, als wäre er angenehm gesättigt. Dieses Gefühl steht ihm. Eine neue Nuance in einem Wesen, von dem ich dachte, es in seiner Gänze zu kennen.

Erich war nie der Frauentyp. Sicher, dann und wann hat er mal mit einer geschlafen, aber es war nie mehr. Nie etwas Ernstes. Immer nur Alkohol und Triebe. Wir beide die ewigen Singles, die niemanden sonst brauchen, weil sie sich haben und damit den Rest der Welt. Mit Julian ist es ähnlich, aber anders. Vermutlich wegen Katharina. Sie sind schon seit Ewigkeiten zusammen und damit irgendwie eine Einheit. Was Erich letztlich zur Konstante in meinem Leben gemacht hat. Wir führen die Beziehung, die ich nie hatte. Und für die längste Zeit hat das auf Gegenseitigkeit beruht.

Bis Elisabeth aufgetaucht ist. Wie ein Punkt hinter einem Satz. Ein Neuanfang, während das Alte weitergeht.

»Du magst sie nicht«, stellt Erich fest.

Er hat recht, ich mag sie nicht. »Das ist irrelevant«, erwidere ich.

»Es stimmt also«, folgert er.

Ich antworte nicht.

Erich nickt langsam. »Ich bin in sie verliebt«, sagt er dann.

Es gibt Sätze und Sätze – dieser hier ist wie ein elektromagnetischer Puls, scheinbar ungefährlich und doch voller Zerstörungskraft.

»Ich weiß«, entgegne ich schließlich. »Genau das macht sie zum Problem.«

Die Pause, die sich danach zwischen uns ausbreitet, ist außen still und innen laut. Ein Schweigen, das genauso gut ein Schreien sein könnte. Verschluckte Vorwürfe in seinem Blick, Ablehnung und Vorbehalte in meinem. Ich wundere mich selbst über das, was in mir vorgeht. Dieses Gefühl, als hätte Erich mich verraten. Mich und unser unausgesprochenes Wir-gegen-den-Rest-der-Welt-Gefühl. Die Männerfreundschaft, die für mich über allem stand. Zwei Brüder, die mehr als Blut verbindet. Verliebte Männer sind unberechenbar. Sie können nicht klar denken – ich weiß, wovon ich spreche.

»Wo ist sie jetzt?«, frage ich.

»Im Bad«, sagt er.

Ich höre nichts, weder das Radio noch die Wasserbrause der Dusche, also frage ich: »Bist du dir sicher? Es ist so still.«

»Wieso? Was denkst du denn, was sie tut? Meine Sachen durchsuchen?«

»Keine Ahnung«, sage ich flüsternd. »Ich weiß nur, dass der Zugang in deinem Zimmer ist.«

Erich macht eine einladende Handbewegung in Richtung Flur. »Wenn du willst, kannst du gern nachsehen.«

Ich ignoriere seinen Kommentar und trinke einen Schluck Kaffee, während er sich abwendet und zwei Tassen aus dem Schrank über der Spüle nimmt.

Noch immer mit dem Rücken zu mir sagt er: »Ich werde ihr nichts verraten, falls du dir darüber Sorgen machst.«

»Und was, wenn sie anfängt, Fragen zu stellen?«, sage ich. »Wenn sie wissen möchte, warum du so selten Zeit für sie hast?« Er dreht sich um und mustert mich. »Glaubst du ernsthaft, du kannst dauerhaft dichthalten? Das bezweifle ich nämlich.«

Erich zieht die Augenbrauen hoch.



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