Nutzerverhalten verstehen – Softwarenutzen optimieren by Mario Donick

Nutzerverhalten verstehen – Softwarenutzen optimieren by Mario Donick

Autor:Mario Donick
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783658289638
Herausgeber: Springer Fachmedien Wiesbaden


Softwarenutzung zu beobachten, um praktisch verwertbare Ergebnisse für die Softwareentwicklung zu erhalten, heißt also, unsere normalerweise unbewussten Beobachtungsvorgänge der Alltagskommunikation zu reflektieren und zielgerichtet als Werkzeug einzusetzen:Das Ziel der Beobachtung ist, den Aufbau, das Bestehen oder die Beendigung einer Leistungsbeziehung von Nutzer∗in und Software zu rekonstruieren und daraus Schlüsse für die Entwicklung oder Verbesserung der jeweiligen Software abzuleiten.

Freilich sind solche Beobachtungen mit einem gewissen Aufwand verbunden, der auch nicht durch im Nachhinein geführte Interviews, Fragebögen oder gar ‚Mini-Befragungen‘, die manchmal nur aus einer Frage mit zwei Antwortmöglichkeiten bestehen, ersetzt werden kann (aber im Sinne einer Methodentriangulation sehr wohl ergänzt).

Das hier vorgestellte Verfahren ist nicht nur qualitativ, sondern interpretativ. Manchmal werden beide Begriffe synonym verwendet (Koller 2008, S. 606), aber es ist recht nützlich, sie als Paar zu nutzen. Dadurch wird betont, dass die Auswertung qualitativer Daten auf jeden Fall eine subjektive Interpretationsleistung ist, die keinen objektiven Kriterien genügen kann. Schon die Transkription (Verschriftlichung) eines Protokolls ‚Lauten Denkens‘ aus einer Beobachtungssitzung kann eine Interpretationsleistung sein, wenn im Transkript auch nicht-sprachliche Merkmale markiert werden sollen (wie etwa Emotionalität). Und die anschließende Auswertung des Transkripts hinsichtlich bestimmter Fragestellungen bezieht noch stärker die individuelle Weltsicht der auswertenden Person ein. Um eine gewisse Zuverlässigkeit zu erreichen, lässt man daher manchmal mehrere Personen dieselben Daten unabhängig voneinander auswerten und identifiziert dann Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Interpretationen (vgl. Kasten „Gütekriterien“).

Gütekriterien

Bei quantitativer Forschung, die sich am naturwissenschaftlichen Experiment orientiert (vgl. den Kasten „Quantitative und qualitative Forschungsmethoden“) gibt es klare Gütekriterien, die die Qualität von Forschungsprozess und Ergebnissen beurteilen helfen. Objektivität meint die Vermeidung subjektiver Einflüsse (Jürgens 2005, S. 74f.). Dies betrifft die Durchführung der Untersuchung, die Auswertung und die Interpretation der erhobenen Daten (ebd.). Reliabilität bedeutet, dass die Erhebung der Daten exakt geschieht und Messfehler so gering wie möglich ausfallen (ebd., S. 76). Die Kriterien Objektivität und Reliabilität haben Validität zum Ziel (ebd., S. 77), das heißt, dass tatsächlich das Merkmal erhoben wird, um das es geht, und nicht ein anderes (ebd.).

Qualitative Forschung ist mehr am Einzelfall interessiert als an objektiven, verallgemeinerbaren Aussagen. Daher lassen sich die genannten Kriterien oft nicht vollständig anwenden. Stattdessen stehen die intersubjektive Nachvollziehbarkeit des Forschungsprozesses, dessen Gegenstandsangemessenheit und Reflexion im Vordergrund (Koller 2008, S. 620). Ein weiteres Kriterium kann es sein, wenn sich aus den Einzelfällen bestimmte Typen ableiten lassen, auch wenn diese quantitativ nicht bestimmbar sind (ebd., S. 619).

Wegen der ‚weicheren‘ Gütekriterien werden qualitative Methoden oft als zwar nützliche Ergänzung zu quantitativen Methoden betrachtet, aber nicht als Ersatz für diese akzeptiert. Diese Einstellung besteht insbesondere in den eher positivistischen Naturwissenschaften und der Psychologie. So ist etwa Klauer (2006) der Ansicht, dass sich qualitative Methoden zur Generierung von Hypothesen eignen würden, dass diese Hypothesen aber in einem weiteren Schritt mit quantitativen Methoden überprüft werden müssten (Klauer 2006, S. 85).

Diese Sicht kann so weit gehen, qualitativen Methoden insgesamt abzusprechen, Forschung zu sein (ebd., S. 84). Solcherart Dogmatismus übersieht jedoch, dass nicht alle interessierenden Probleme – auch viele, die praktischer Art sind – als Fragestellung klassisch-kausaler Art (vgl. Kasten „Die Frage bestimmt die Antwort“ in Abschn.



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