Nicht ohne meinen Mops by Silke Porath

Nicht ohne meinen Mops by Silke Porath

Autor:Silke Porath
Die sprache: deu
Format: mobi
Tags: Belletristik & Literatur
veröffentlicht: 2011-06-28T22:00:00+00:00


Meine Jungs waren so taktvoll, mich nicht nach dem Ausgang des Abends zu fragen. Vielleicht ist ihnen der Tierretter ja noch im Treppenhaus begegnet, vielleicht haben sie bei mir gelauscht und nichts gehört? Jedenfalls beginnt der nächste Tag, wie unsere Tage stets beginnen: Rolf schält sich mitten in der Nacht aus dem Bett und bereitet Kaffee vor, ehe er Briefe austragen geht. Chris und ich treffen uns auf einen schnellen Toast in der Küche und dann hat mich der alltägliche Wahnsinn im Tabakladen wieder. Der dicke Onkel Fritz, dessen Laune wechselhafter ist als das Aprilwetter. Koslowski, der seine BILD holt. Zwölfjährige, die Kippen kaufen wollen, und Omis, die sich Rätselhefte in extra großer Schrift nehmen. So ist der nächste Tag. Und der übernächste. Und der Rest der Woche.

Arne bleibt verschwunden. Ich habe nicht die Traute, bei ihm zu klingeln, um ihn nicht zu wecken, wenn er sich von der Nachtschicht erholt. Und wenn ich abends nach Hause komme, ist es in seiner Wohnung still und dunkel – denn mein Ritter und Earls Retter fährt, wie er erzählte, dank ungerechter Einteilung viel mehr nachts, als ihm lieb ist. Earl geht es blendend und so habe ich keinen Vorwand, bei Arne zu läuten. Rolf war mit dem Mops bei seinem Haus-Tierarzt und der hat tatsächlich eine leichte Vergrößerung des Herzens festgestellt. Zur Epilepsietablette kommen nun noch Herzmittel. Diese aber erst nach einer dreitägigen medikamentösen Entwässerungskur, während der Earl undicht war wie ein alter Wasserhahn. Ich hätte niemals gedacht, dass so viel Pipi in so einen kleinen Hund reinpasst. Und ich hätte niemals gedacht, dass Rolf und Chris mit solch stoischer Gelassenheit hinter dem Mops her wischen würden. Ich war nach der siebten Pfütze entnervt. Und das nicht nur, weil ich mit frischen Socken mitten in sie hineingelatscht bin. Hundepipi riecht auch nicht besonders lecker – und das winzige Lavendelästchen, das ich tagsüber unter mein Kissen lege, verduftet auch mehr und mehr. Ich mag gar nicht daran denken, dass zwischen dem vertrocknenden Zweig und Arne ein Zusammenhang bestehen könnte. Was, wenn ich mir das neulich auf dem Balkon nur eingebildet habe? Was, wenn der Tierarzt ein Filou ist? Wenn er an jeder Ecke eine Sandra, Wiebke oder Jasmin hat?

Diese Gedanken sind nicht schön. Aber leider ist das, was mich vom Nachdenken abhält, auch nicht besser. Um nicht sofort nach der Schicht in eine leere Wohnung zu gehen, habe ich die Bahn bis zum Hauptbahnhof genommen. Einmal die Königsstraße rauf und wieder runter, habe ich gedacht, würde mich schon auf andere Gedanken bringen. Am Brezelstand direkt an der Rolltreppe nach oben habe ich mir ein gummiartiges Laugengebäck besorgt. Iss niemals Brezeln, wenn die Luftfeuchtigkeit etwas zu hoch ist, hatte Tante Trude mir stets eingetrichtert. Heute scheint das Hygrometer Überstunden zu machen, denn die Brezel hat keine einzige knusprige Stelle. Lustlos reiße ich mit den Zähnen ein Stück ab (durchbeißen geht bei der Konsistenz nicht) und fädele mich hinter zwei stark schwäbelnden Frauen in den Strom der Fußgänger ein.

»Ha no, häsch gsäh, lauder Pack am Bahnhof«, zetert die eine.



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