Nachtleben im alten Rom by Weeber Karl W

Autor:Weeber, Karl W.
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbücher/Geschichte/Vor- und Frühgeschichte, Antike
Herausgeber: Primus Verlag
veröffentlicht: 2014-10-28T00:00:00+00:00

Martial, Epigramme I 27 (Ü: P. Barié)

Als absoluter Rekordhalter ging ein gewisser Torquatus Novellius aus Mailand in die Annalen der römischen Weinvertilgungs-Geschichte ein. Seinen ‚Ehrennamen‘ Tricongius („Dreicongien-Mann“) hatte er sich dadurch verdient, dass er rund neun Liter Wein auf einen Zug in sich hineinlaufen lassen konnte – ein wahrhaftiges miraculum, das sich selbst Kaiser Tiberius nicht entgehen ließ.28

Der war selbst kein unbeschriebenes Blatt in Sachen Weinkonsum: Sein Name Tiberius Claudius Nero wurde wegen seiner stadtbekannten Trunksucht schon einmal in Biberius Caldius Mero verballhornt (Biberius – „Trinker“, von bibere, „trinken“; Caldius – „Glühwein“-Trinker, von calidus, „warm“; Mero – „Säufer“, von merum, „unvermischter Wein“).29 Die comissationes seiner Jugendzeit waren legendär. Man munkelte von Trinkgelagen, die sich über zwei Tage und Nächte hinzogen, und von Postenvergabe an Trinkkumpane, die das größte Durchhaltevermögen unter Beweis gestellt hatten.30

Die Krone im Renommieren mit der eigenen Alkoholabhängigkeit gebührt indes Marc Anton. Der Liebhaber der ägyptischen Königin Kleopatra veröffentlichte ein Bekenntnisbuch de ebrietate sua, „Über seine Trunksucht“.31 Ob er darin, wie Plinius es von anderen bekannten Trinkern aus der besten Gesellschaft Roms berichtet, mit der wunderbaren „Vergessenswirkung“ des Weins geprahlt hat, der die Unannehmlichkeiten des Vortages geradezu wegblase32, wissen wir nicht. Dass sich nicht jeder an die Vergessens-Spielregeln des Trinkgelages selbst hielt, kam indes manch einem Zecher am nächsten Tage schmerzlich zu Bewusstsein.

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