Mythos Überforderung by Winterhoff Michael

Mythos Überforderung by Winterhoff Michael

Autor:Winterhoff, Michael [Winterhoff, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Gütersloher Verlagshaus
veröffentlicht: 2015-09-10T16:00:00+00:00


Die Fehlerkultur der mangelnden Fehlerkultur

Eine gute Fehlerkultur ist etwas Feines. Schließlich sind Fehler ein wichtiger Wettbewerbsfaktor – denn aus ihnen lernt man. Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass es eine verbesserte Fehlerkultur braucht, damit Menschen endlich wieder für ihre Entscheidungen geradestehen. Warum? Weil mit diesem Ruf nach einem offeneren Umgang mit Fehlern wieder genau das alte Muster bedient wird: nach Ausreden suchen, Verantwortung wegschieben.

»Ich würde meinem Chef ja gerne sagen, dass ich gerade unseren wichtigsten Kunden brüskiert habe. Dann könnten wir gemeinsam nach einer Lösung suchen. Aber ich kann nicht. Die Fehlerkultur in meiner Firma gestattet das nicht.« – Kein Zweifel! Das ist nichts anderes als eine Ausrede: Jemand hat einen Fehler gemacht und will dafür nicht geradestehen. Der Popanz »mangelnde Fehlerkultur« hilft ihm nur, sich zu verstecken.

Genau anders herum wird ein Schuh daraus: Wenn Menschen endlich wieder eigenverantwortlich handeln, entsteht automatisch auch wieder eine Fehlerkultur, die Menschen, die eine falsche Entscheidung getroffen haben, nicht stigmatisiert, sondern sich ihrer Erfahrungen bedient. Doch es ist wie bei einem alten Kinderspiel: Wer zuerst zuckt, hat verloren.

Niemand soll glauben, es wäre immer einfach, für sich selbst einzustehen. Eigenverantwortlichkeit ist nicht umsonst zu haben – man muss immer einen Preis bezahlen. Wer einen wichtigen Auftrag in den Sand gesetzt hat, verliert seinen Bonus. Wer es mit seinem Chef nicht aushält, muss sich eine andere Stelle suchen. Wer 20 Kilo zu viel auf den Rippen hat, lässt die Finger von der Sachertorte.

Diesen Preis zu bezahlen, den Schmerz auszuhalten, ist der einzige Weg, dass es uns wieder gut geht. So gesehen ist dieser Schmerz ein Wachstumsschmerz, der uns zu einem größeren Ich führt. Zu uns als Persönlichkeit, die nicht reagiert, sondern aus ihrem Willen heraus frei agiert.

Denn genau dies ist das Geheimnis verantwortlichen Handelns – nicht zu sagen: Ich musste so handeln. Sondern: Ich wollte es so.



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