Maigret - 33 - Maigret und die alte Dame by Simenon Georges

Maigret - 33 - Maigret und die alte Dame by Simenon Georges

Autor:Simenon, Georges [Georges, Simenon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-03-22T04:00:00+00:00


6

Rose und ihre Probleme

Besson hatte sich nicht geirrt. Außer Charlie, der noch mit Gläserspülen beschäftigt war, saß nur eine einzige Person an der Bar: Théo, der ganz allein Poker dice spielte, weil er keinen Partner hatte.

Charles ging auf ihn zu, glücklich und stolz, seinen ältesten Bruder zu präsentieren. Théo sah sie mit ausdruckslosem Blick an und stieg nur widerwillig von seinem Barhocker herunter.

»Kennst du Kommissar Maigret?«

Théo hätte sagen können »nur dem Namen nach« oder »wie jeder«, irgend etwas, das durchblicken ließ, daß es für ihn nicht nur irgendein Name war, aber er beschränkte sich auf eine förmliche Verbeugung und murmelte, ohne ihm die Hand zu geben: »Erfreut«. Aus der Nähe sah er viel älter aus, sein Gesicht hatte feine Fältchen, die wie Risse aussahen. Er brachte jeden Morgen sicher viel Zeit im Frisiersalon zu und ließ sich pflegen, vielleicht auch massieren, denn er hatte eine Haut wie eine alte Kokotte.

»Du weißt vielleicht, daß auf meine und Valentines Initiative hin der Kommissar die Untersuchung hier übernommen hat? Valentine ist deswegen extra nach Paris gefahren.«

Charles war etwas enttäuscht, daß sein Bruder sie mit der höflichen Zurückhaltung eines Königs auf Staatsbesuch empfing.

»Stören wir dich auch nicht?«

»Überhaupt nicht.«

»Wir haben gerade eine Stunde in der Sonne am Strand gesessen und haben Durst. Charlie!« Dieser zwinkerte Maigret freundschaftlich zu.

»Was trinkst du da gerade, Théo?«

»Scotch.«

»Ich mag keinen Whisky. Was nehmen Sie, Kommissar? Für mich einen Picon-grenadine.«

Warum bestellte sich Maigret auch einen? Das war ihm schon lange nicht mehr passiert und aus irgendeinem unerfindlichen Grund erinnerte es ihn an Ferien.

»Hast du Valentine seit Sonntag noch einmal gesehen?«

»Nein.«

Théo hatte große und gepflegte, aber blasse Hände mit rötlichen Haaren auf dem Handrücken, und an einer Hand trug er einen großen Siegelring. Nichts von dem, was er anhatte, hätte man in einem Kaufhaus gefunden. Es fiel auf, daß er sich auf einen Typ festgelegt hatte, und zwar ein für allemal. Jemand hatte ihm großen Eindruck gemacht, wahrscheinlich ein englischer Adliger, und er hatte dessen Gesten, dessen Gang, die Art sich anzuziehen und sogar dessen Mienenspiel genau kopiert. Ab und zu legte er gelangweilt die Hand an den Mund, als ob er gähnte, aber er gähnte nicht.

»Bleibst du noch lange in Etretat?«

»Ich weiß nicht.«

Charles bemühte sich trotzdem, seinen Bruder ins rechte Licht zu rücken und erklärte dem Kommissar:

»Er ist ein eigenartiger Junge. Er weiß nie im voraus, was er am nächsten Tag macht. Er kommt aus dem ›Fouquet‹ oder dem ›Maxim‹ nach Hause und packt seine Koffer, um das nächste Flugzeug nach Cannes oder Chamonix, London oder Brüssel zu nehmen. So ist es doch, Théo?«

Da ging Maigret direkt zum Angriff über:

»Erlauben Sie, daß ich Ihnen eine Frage stelle, Monsieur Besson? Wann haben Sie sich das letzte Mal mit Rose getroffen?«

Der arme Charles schaute beide völlig verblüfft an, sperrte den Mund auf, wie um zu widersprechen, und wartete auf einen energischen Protest seines Bruders.

Théo leugnete aber nichts ab. Er schien verwirrt, sah einen Augenblick in sein Glas und sagte dann zum Kommissar:

»Wollen Sie das genaue Datum wissen?«

»So genau wie möglich.«

»Charles kann Ihnen sagen, daß ich das genaue Datum nie weiß und mich auch oft in den Wochentagen täusche.



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