Lycana by Schweikert Ulrike

Lycana by Schweikert Ulrike

Autor:Schweikert, Ulrike
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBook


DIE REISE GEHT WEITER

Sie waren schon tagelang unterwegs und auch nicht schlecht vorangekommen, doch nun hatte der Regen wieder eingesetzt, und je weiter sie nach Westen vorstießen, desto enger und schlammiger wurden die Wege. Bram Stoker hatte sich in den vergangenen Tagen unzählige Male die Frage gestellt, was ihn geritten hatte, sich auf ein solches Unternehmen einzulassen. Oder zumindest darauf zu bestehen, die bequemere Eisenbahn bis Galway zu nehmen. Statt die Errungenschaften der Zivilisation in London zu genießen, saß er in einer Kutsche und wurde bei jedem Stein von einer Seite auf die andere geschleudert. Nachts musste er in zunehmend verlausten Betten schlafen, und die Mahlzeiten, die in den Pubs am Weg geboten wurden, waren auch nicht gerade das, was er an Küchenraffinesse gewohnt war. Ja, die wenigen Stunden, die er sich auf dieser Reise wohlfühlte, waren, wenn er zu Pferd saß und der Kutsche vorausritt - wenn es nicht gerade wieder einmal wie aus Kübeln goss. Und dann riskierte er auch noch, unter die Partisanen zu geraten! Was, wenn sie ausgerechnet aufflogen, während sie sich in ihrer Gesellschaft befanden? Die Engländer verstanden in solchen Dingen keinen Spaß. Bram Stoker fasste sich an die Kehle und lockerte seine Halsbinde ein wenig, die ihm plötzlich zu eng erschien.

»Was ist mit Ihnen? Darf ich fragen, was Sie bewegt? Sie sehen aus, als sei Ihnen nicht wohl.«

Wie kann einem in diesem Foltergefährt, das sich Kutsche nennt, wohl sein?, lag ihm auf der Zunge, doch er schluckte die Worte hinunter und betrachtete stattdessen die Lady ihm gegenüber. Ihre große, massige Gestalt thronte aufrecht zwischen den Kissen. Sie konnte sich nicht zwischendurch bei einem Ritt draußen ein wenig lockern und erholen und saß stattdessen mit stoischem Gleichmut von morgens bis abends in diesem Höllengefährt, ohne zu klagen, ja ohne auch nur erkennen zu lassen, dass diese Fahrt unbequem und anstrengend für sie war. Und dabei war sie eine Dame und noch dazu mehr als zwei Dutzend Jahre älter als er - obwohl sie stets behauptete, erst im Jahr 1826 geboren zu sein, was sein Freund Oscar ihm einmal mit einem verschmitzten Lächeln erzählt hatte. »Daher mache ich mich stets zwei Jahre jünger. Es könnte ja jemand des Rechnens mächtig sein.«

Bram versuchte unauffällig, seine verkrampften Glieder auszustrecken. »Ich versinke gerade in Selbstmitleid, Lady Wilde, und frage mich, welcher Teufel mich zu dieser Reise überredet hat.« Er sah mit einem schiefen Lächeln zu ihr hinüber. Eine Windböe drückte gegen den Wagen und er hörte den Morast unter den Rädern wie ein gieriges Ungeheuer schmatzen.

Jane Wilde lächelte zurück. »Wenn Sie über die Situation scherzen können, sind Sie bereits auf dem Weg der Besserung. Eigentlich müsste ich sagen: Schämen Sie sich, Mr Stoker! Sie reisen nach London und Paris und bis in den Süden Italiens, scheuen aber eine Fahrt durch Ihr eigenes Heimatland, weil es zu unbequem ist?«

»Die Unbequemlichkeit allein schreckt mich nicht, obwohl ich zugeben muss, dass ich lieber zwanzig Meilen im Pferdesattel sitze als eine in diesem Gefährt.«

»Nun, bei diesem Regen ist es gar nicht so verkehrt,



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