Lehrbuch Mentalisieren: Psychotherapien wirksam gestalten by Schultz-Venrath Ulrich

Lehrbuch Mentalisieren: Psychotherapien wirksam gestalten by Schultz-Venrath Ulrich

Autor:Schultz-Venrath, Ulrich [Schultz-Venrath, Ulrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fachbücher, Medizin, Psychiatrie, Psychologie, Angewandte Psychologie, Klinische Psychologie, Ratgeber, Gesundheit & Medizin, Kinder & Jugendliche, Hyperaktivität & Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS), Psychologie & Hilfe, Therapien & Behandlungen, Psychotherapie, gekauft
ISBN: 9783608945447
Herausgeber: Klett-Cotta
veröffentlicht: 2013-11-08T00:00:00+00:00


3.12 Mentalisierungshemmende Interventionen

Es scheint in der Natur der Sache zu liegen und möglicherweise auch zu einer merkwürdig suboptimal-selbstkritischen Haltung von Psychoanalytikern und Psychotherapeuten zu gehören, dass sie sich in der Regel wenig mit misslungenen oder gar schädlichen Interventionen beschäftigen.

So hat z. B. die Ankündigung eines markierten Affekts nicht die Funktion eines markierten Affekts, sondern ist im Sinne des Pseudomentalisierens ein Nicht-Affekt, wenn als Gruppenintervention etwa vorgeschlagen wird: »Ich werde dieses und jenes jetzt vormachen und dabei ganz bewusst etwas übertreiben, um es deutlicher werden zu lassen. So wirken Sie jetzt auf mich: angespannt, in sich vergraben, ja, ich möchte fast schon sagen: verbittert und verbiestert«. Darüber hinaus hat diese Intervention die Schwäche, dass gleich vier Affekthinweise gegeben werden: »angespannt«, »vergraben«, »verbittert«, »verbiestert«, was bei Patienten, die aufgrund ihres strukturellen Niveaus Affekte schlecht differenzieren können, mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Verwirrung führen wird.

Ein anderer Kollege hat – mehr ungewollt als beabsichtigt – eine Reihe von Beispielen für antimentalisierende Interventionen gegeben, die aus didaktischer Perspektive aber sehr lehrreich sind: »Aber haben Sie nicht begriffen, dass die frühen Erfahrungen prägend sind und Ihr Leben heute beeinflussen?« Hier ist der Gruppentherapeut im Äquivalenzmodus und äußert nur seinen Ärger oder seine Wut. In einem anderen Beispiel äußert der gleiche Therapeut: »[…] Die Kränkung ist, verlassen worden zu sein, und das auch noch wegen einem anderen Mann – das nennt man narzisstische Wut«. Solche mentalisierungshemmenden Interventionen sind häufig dann zu beobachten, wenn das Chaos einer Borderline-Psychopathologie in der Gruppe überhandnimmt und den Therapeuten leibhaftig erfasst. In solchen Situationen helfen jedoch aktive Interventionen anderer Art: Der Therapeut sollte seine eigenen Wahrnehmungen und Gefühle, einschließlich seiner Ohnmacht, – durchaus gestenreich – äußern (»markiertes Spiegeln«) und – falls erforderlich – aktiv den Gruppenprozess mit dem Ziel stoppen (»mentalizing hand!«), an die Stelle wieder zurückzugehen, an der die Mentalisierung unterbrochen wurde (»stop and rewind«). Der Therapeut überprüft auf diese Weise aktiv das Verständnis und Verstehen der Gruppenmitglieder.



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