Krieg by Ludwig Renn
Autor:Ludwig Renn
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-01T16:00:00+00:00
Verwundet
Ich ging durch den toten Wald. Silbrig und kahl standen Bäume und Ãste im Mondschein.
Ein Erdwall kam und ein öder Platz mit Krankentragen und Zeltbahnen darübergedeckt. Das waren Tote.
Roter Lichtschein kam aus einer Ãffnung am Boden.
Ãber mich weg zischte ein Schrapnell.
Ich stieg die Treppe hinunter. Rechts waren zwei Ãrzte bei hellweiÃen Karbidlampen mit einem entblöÃten Oberschenkel beschäftigt. Oberkörper und Kopf waren im Schatten.
Links stöhnte auf einem Schemel der Vizefeldwebel Hornung, wie es schien, ohne Verwundung, vielleicht verschüttet gewesen.
Ich wuÃte nicht, was ich tun sollte, und blieb vor ihm stehen.
Er sah auf, sagte unnatürlich: âGuten Abend!â und begann sich wieder zu bewegen. Er war fast gut angezogen, obwohl lehmig. Ich liebte ihn nicht; er war gern höhnisch. âAch, dieses Gefühl im Kopf! Alles dreht sich herum in mir.â
Ich hörte das wie von ferne. Ich fühlte etwas herankriechen. Ein Schauder überrieselte mich.
âIch sollte zur Kompanie zurück? Nein, ich meine nicht, daà ich vorn hin sollte; da war ich ja vorn.â Spricht er nur mit mir? dachte ich und konnte doch nicht zuhören. âAls mir das kleine Brett auf dem Rücken lag, da wollte ich stürmen. Ach nein! Ich weià natürlich, was ich meine!â Das klang boshaft und verächtlich. âMeine Gedanken sind immer fortgelaufen.â Er machte mit dem Kopf eine Kreisbewegung. Die machte mein wanderndes Gefühl noch tuchiger.
Der Arzt trat zu Hornung. âIch habe Ihnen etwas gegeben. Jetzt nehmen Sie sich zusammen! â Und Sie?â wandte er sich an mich. âWaren Sie nicht Ordonnanz bei Fabian? â Kommen Sie mal gleich her!â
Man setzte mich auf einen Schemel. Jemand machte die Sicherheitsnadel auf meiner Schulter los und zog mir Ãrmel und Rock aus. Das Hemd wurde heruntergestreift. Ich fror.
âEin tüchtiger FleischschuÃ! Sie können von Schwein reden! Der Splitter hat ordentlich gefetzt â oder war es ein Schrapnell?â
âNein, ein GewehrschuÃ.â
âDas muà aber dann sehr aus der Nähe gewesen sein.â
âAuf achtzig Meter, Herr Oberarzt!â
âAch, Sie haben den Sturm mitgemacht?â
âNicht eigentlich. Ich wartete mit Herrn Oberleutnant auf die Reste der Kompanie.â Es war grauer Nebel um mich.
âWie haben die Leute angegriffen?â
âVorzüglich, Herr Oberarzt! Sie waren ganz umgewechselt gegen vorher.â
âSo? Es sind scheuÃliche Verwundungen drunter.â
Hinter mir murmelte Hornung etwas, aber es war im schwarzen Nebel verschlungen. Ich hielt mich ganz aufrecht, daà es nicht noch näher käme.
âNun noch die Tetanusspritze! Waschen Sie ihm hier die Haut!â
Auf der rechten Brustseite wusch der Sanitätsunteroffizier mit etwas Kaltem einen kleinen Fleck. Der Arzt packte dort die Haut und stach die Spritze ein. Ich sah nichts mehr vor Schwärze und hielt mich ganz steif.
Ich erwachte. Ein Glück rieselte in mir. Ich hörte Stöhnen. Hornung saà über mir. Ich lag auf einer Trage. Meine Brust war fest beim Atmen.
Da fühlte ich einen breiten Verband.
âWar ich lange bewuÃtlos?â fragte ich Hornung.
âIch weià nichts. Die Zeit ist ausgedehnt . . .â
Ich sah nach innen. Da saà es schrecklich mit dem Wolltuch. Was ist das! â Auf meiner Brust waren kühle Blasen. Steif tappten meine Finger darauf. Das kam heran, zum Entsetzen nah! â Jetzt . . .
Das Erwachen war lächelnd. Oh, daà alles vorüberging!
Hornung stöhnte:
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