Jenseits der Flut--Eine Liebe in Prag by Hanna Meyer

Jenseits der Flut--Eine Liebe in Prag by Hanna Meyer

Autor:Hanna Meyer
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Books on Demand
veröffentlicht: 2016-02-15T00:00:00+00:00


32.

Sie wunderte sich, dass er so zielstrebig auf die Metro-Station Želivského zusteuerte und sie eilig die steinernen Stufen hinunterführte. Dort unten war es menschenleer und in der U-Bahn, die gerade vorüberfuhr, saßen nur wenige Personen.

Er hatte den falschen Weg eingeschlagen.

„Entschuldige, Gesa. So ganz aus Gewohnheit bin ich mit dir nach unten gegangen. Ich führe oft Gäste unseres Verlags an Kafkas Grab, und dann nehmen wir immer die Metro. Doch zurzeit geht es nur eine Station weiter, dann ist Schluss.“

Er hielt kurz inne.

„Den Schirm habe ich auch vergessen. Er steht noch an der Friedhofsmauer. Ich hole ihn schnell, dann können wir weiterfahren mit dem Auto.“

Es war höchste Zeit, dass sie endlich mit ihm über Zuzana redete, denn am Nachmittag musste er zu einer Pressekonferenz und auch sie hatte eine wichtige Verabredung.

„Wie konnte das mit der U-Bahn geschehen? Gab es keine Fluttore?“, erkundigte sie sich, als er zurück war.

„Das wird noch geprüft. Es gab wohl bauliche Mängel, vieles deutet auf Schlamperei in den siebziger Jahren hin.“

Kaum saßen sie im Auto, fing es wieder an zu regnen.

„Können wir nicht an die Moldau fahren?“, traute sie sich schließlich zu fragen. „Ich würde gerne ein Stückchen in Ruhe mit dir am Wasser spazieren gehen. Im Zentrum sind mir zu viele Menschen. “

„Bei diesem Wetter? In diesen Schuhen?“

„Ich möchte etwas mit dir besprechen.“

„Wegen gestern Abend?“

Das hatte erwartungsvoll geklungen und schon an der nächsten Ampel legte er seine Hand auf ihren Schenkel und seine Wärme durchströmte sie.

Du musst ihm endlich die Wahrheit sagen, ermahnte sie sich und wollte seine Hand zurückschieben, da umfasste er ihre Hand mit festem Griff, zog sie zu sich hinüber und drückte sie gegen die Innenseite seines rechten Oberschenkels. Zum Glück sprang die Ampel gleich wieder um.

„Du willst es doch auch, Gesa. Die Spannung zwischen uns ist kaum noch auszuhalten. Lass uns in meine Wohnung fahren, wir sind doch zwei erwachsene Menschen.“

Wieder berührte er kurz ihren Oberschenkel. „Oder gleich hier im Auto?“

Da brodelte die reine Lust. Und ihr ging es nicht viel anders.

Mach dich nicht kleiner als du bist, versuchte sie sich zur Vernunft zu rufen. Du hast schon genug mit Max und Laursen zu tun. Diese Grenze darfst du nicht überschreiten.

„Da ist noch etwas anderes, Pavel, das ich mit dir besprechen muss. Bitte lass uns an die Moldau fahren“, sagte sie mit belegter Stimme.

„Hier im Auto sind wir ungestört, und es ist trocken. Da können wir reden.“

Doch sie bestand darauf, an den Fluss zu fahren.

Als sie endlich an der Moldau waren, außerhalb des Zentrums, auf der anderen Seite der Stadt, erwartete sie kein Idyll am Wasser. Zwar war der Fluss, wie sie es schon vom Hradschin aus beobachtet hatte, in sein altes Bett zurückgekehrt, aber die Landschaft war beschädigt. Überall lagen vom Hochwasser gezeichnete Bäume, die Unrat trugen, genauso, wie sie es schon an anderen Orten vom Zug aus gesehen hatte. Zwischen Ästen hatten sich Dachpappen, Papier und jede Menge Plastikabfall verfangen.

Der kleine Weg, auf den Pavel sie führte, war schon etwas aufgeräumt worden und auch nicht ganz so matschig, wie er befürchtet hatte.



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