Hymne an Die Nacht by Sylvia Madsack

Hymne an Die Nacht by Sylvia Madsack

Autor:Sylvia Madsack [Madsack, Sylvia]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
ISBN: 9783455812572
Google: Jd2iAgAAQBAJ
Herausgeber: Hoffmann Und Campe Verlag Gmbh
veröffentlicht: 2014-03-10T23:00:00+00:00


Um halb acht klopfte Stanislaw bei Joanna. »Bist du bereit?«, fragte er durch die Zimmertür.

»Ich komme gleich«, rief sie, »fahrt schon mal nach unten.«

Achselzuckend wandte er sich zum Lift, Igor tänzelte voraus. Auf dem Weg nach unten schärfte Stanislaw ihm ein, dass ihm der Ruf vorauseile, ein besonders gut erzogener irischer Wolfshund zu sein, und dass genau das an diesem Abend im Kreis von fremden Menschen von ihm erwartet werde. Als Zeichen, dass er verstanden hatte, klappte Igor die fellbedeckten Spitzohren nach vorne.

Während Stanislaw am Eingang wartete, kamen einige jüngere Leute an ihm vorbei, die offensichtlich zum Filmteam gehörten, denn vor der Tür wartete ein Bus mit dem Signet von Radu Nicolescus Produktionsfirma. Alle wirkten ausgelassen und heiter, man merkte ihnen die Erleichterung über die vollendete Arbeit deutlich an.

Im nächsten Moment öffnete sich der Lift, und Joanna trat heraus. Igor lief ihr entgegen, blieb aber auf halbem Weg stehen. Stanislaw schnupperte. Seine Tochter hatte ein Parfüm aufgelegt, das ein ganzes Rudel Wölfe in die Flucht geschlagen hätte.

»Was ist denn?«, fragte sie verwundert, als sie die Eingangstür erreicht hatte.

Er verzog das Gesicht.

»Du riechst wie ein orientalischer Basar, wie heißt denn dieses Gift?«

»L’heure obscure«, erwiderte sie mit verdrossener Miene und nannte den Namen eines bekannten französischen Parfümherstellers. »Ich habe es vor dem Abflug nach Bukarest im Duty-free-Shop gekauft.«

»Ah, die dunkle Stunde, sehr passend für so einen nächtlichen Ausflug, aber vielleicht nicht ganz so passend für jemand wie dich, wenn ich mir diese kritische Bemerkung erlauben darf.«

»Darfst du nicht«, grollte sie. »Lass uns gehen.«

Er musterte sie von oben bis unten, und sein Blick zwang sie stehen zu bleiben. Die rotblonden Locken kringelten sich im Nacken zu einem scheinbar nachlässig arrangierten Gebilde, die rauchig umschatteten Augen schimmerten wie tiefes grünes Wasser. Noch nie hatte sie ihn so sehr an ihre Mutter Clarice erinnert wie in diesem Moment.

Stanislaw deutete auf ihre hochhackigen Stiefel. »Damit wirst du im Schnee nicht weit kommen.«

»Muss ich auch nicht. Entweder fahren wir direkt bis vor die Tür, oder du trägst mich, was dir mit deinen Vampirkräften ja nicht schwerfallen dürfte.«

Stanislaw verdrehte die Augen und fragte sich, was sie unter dem Steppmantel trug.



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