Gryphony 4 by Michael Peinkofer

Gryphony 4 by Michael Peinkofer

Autor:Michael Peinkofer [Peinkofer, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sagen, Drachen, Tier-Fantasy, Freundschaft, Greif, Zauberer, Fluch
Herausgeber: Ravensburger Verlag GmbH
veröffentlicht: 2016-08-15T12:54:26+00:00


Wie ein Dieb in der Nacht

„Mir ist kalt, Roddy. So schrecklich kalt.“

„Tut mir leid! Tut mir echt leid, Gwynny. “

Roddy war der Verzweiflung nahe. Kaum eine Viertelstunde hatte der Regenguss gedauert, aber es war ein richtiger Wolkenbruch gewesen, der über Welt und Anderwelt gleichermaßen niedergegangen war. Dass Roddys Kleider bis auf die Unterwäsche durchnässt waren, war eine Sache – viel schlimmer wog, dass der Regen das Feuer im Burghof gelöscht hatte. Das gesammelte Brennholz und die Streichhölzer waren ebenfalls nass geworden, sodass Roddy keine Hoffnung hatte, das Feuer so rasch wieder in Gang zu bekommen. Kälte und Dunkelheit krochen über die Burgmauern in den Innenhof und setzten der armen Gwynny zu.

„Ist schon gut“, sagte sie sanft, obwohl sie am ganzen Leib zitterte. „Du kannst nichts dafür. “

„Von wegen“, knurrte er, wütend auf sich selbst. „Genau das meint mein Dad, wenn er sagt, dass ich nie etwas zu Ende denke! Warum nur hab ich das Feuerholz da draußen im Regen liegen lassen? Und wieso hab ich nicht ein paar zusätzliche Streichhölzer mitgenommen?“ Er blickte traurig auf das durchnässte Etwas, was er aus der Hosentasche seiner Jeans gefischt hatte. „Die hier sind jedenfalls nicht mehr zu gebrauchen.“

„Lass es gut sein“, versuchte Gwynny ihn zu trösten. „Es wird … schon gehen. “

„Nein, so geht es nicht“, widersprach er. „Gwynny, du frierst doch am ganzen Körper!“

„Das ist das Ei, seine Nähe …“

„Du brauchst Wärme“, war Roddy überzeugt. Natürlich waren auch die Decken, die er über die Greifin gebreitet hatte, nass geworden. Er hatte sie im Hof zum Trocknen aufgehängt, aber vor Tagesanbruch würde er sie sicher nicht wieder verwenden können. „Ich habe eine Idee“, sagte er plötzlich.

„Was … meinst du?“

„Granny Fay“, gab Roddy bekannt. „Im Stone Inn gibt es alles, was wir brauchen: trockene Decken, frische Streichhölzer und mit etwas Glück sogar Feuerholz.“

„Aber Roddy! Melodys Großmutter darf dich nicht sehen! Sie denkt doch, du wärst mit Melody und Mr Clue in Edinburgh.“

„Weiß ich.“ Über Roddys blasses Gesicht huschte ein verschmitztes Grinsen. „Ich hab ja auch nicht gesagt, dass ich mich von ihr erwischen lasse.“

„Du willst stehlen?“

„Borgen“, wählte er ein netteres Wort – und damit wandte er sich auch schon zum Gehen. „Ich bin bald wieder zurück.“

„Roddy …“

„Ja?“ Er wandte sich noch einmal um.

„Damals, in den alten Tagen haben wir Greife uns stets einen Reiter gewählt.“ Sie unterbrach sich, als eine Welle von Schmerz sie durchflutete. „Willst du mein Reiter sein?“, fragte sie dann.

„I-ich?“ Roddy war wie vor den Kopf geschlagen. Damit hätte er nie und nimmer gerechnet. „A-aber ich bin doch bloß, ich meine …“

„Was immer du bist, es reicht vollkommen aus, um mein Reiter zu sein“, sagte sie nur, und einmal mehr kam es ihm vor, als würde sie lächeln. Dann schloss sie die Augen und einen Atemzug später war sie bereits eingeschlafen.

Noch einen Augenblick stand Roddy völlig reglos da, gerührt von Gwynnys unerschütterlichem Vertrauen. Stolz und glücklich machte er sich mit dem Fahrrad auf den Weg zum Stone Inn.

Der nächtliche Wald war unheimlich nach dem Regen.

Überall tropfte und plätscherte es. Die Bäume mit ihren hängenden Ästen und Zweigen sahen wie untote Riesen aus.



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