Gift by William Gordon

Gift by William Gordon

Autor:William Gordon [Gordon, William]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783455401486
Herausgeber: Hoffmann u Campe Vlg GmbH
veröffentlicht: 2009-04-14T22:00:00+00:00


Samuel packte seine Zeitungsausschnitte zusammen und fuhr mit Marcel, dem Fotografen, nach Martínez. Die Adresse, die Mr. Song ihm genannt hatte, befand sich nur drei Straßen vom Gericht entfernt in einer Seitenstraße der Main Street. Das heruntergekommene alte Holzhaus mit dem windschiefen Vordach sah aus, als wäre es direkt einer verlassenen Geisterstadt entsprungen. Auf dem Fenster, das sich links von der verglasten Eingangstür befand, stand in großen weiß umrandeten Buchstaben Ming's Laundry, auf dem rechten waren, in kleinerer Schrift, die Preise aufgelistet. Samuel lächelte in sich hinein, als der Fotograf mit seinem Ford am Straßenrand anhielt.

»Was ist so komisch?«, fragte Marcel.

»Jetzt wird mir alles klar«, sagte Samuel.

»Was wird dir klar?«

»Was Mr. Song meinte, als er einmal zu mir gesagt hat: Kein Abholschein, keine Wäsche.«

»Was redest du da eigentlich?«

»Ach, nichts. Nur ein Insiderwitz. Warte hier draußen. Ich rufe dich, wenn wir die Fotos machen können.«

Samuel betrat die Wäscherei. Hinter dem Ladentisch stand eine junge Chinesin, die ihn von Kopf bis Fuß musterte. »Guten Tag«, sagte Samuel, »sprechen Sie Englisch?«

»Natürlich. Was kann ich für Sie tun?«

»Mr. Song hat mich zu Ihnen geschickt. Ich würde gern mit Mae Ming sprechen.«

»Sind Sie Mr. Hamilton?«

»Ja«, antwortete Samuel überrascht.

»Miss Ming erwartet Sie bereits.« Die junge Frau klappte den mittleren Teil der Ladentheke hoch und bedeutete Samuel, ihr zu folgen. Sie traten durch die Tür in der Rückwand des Ladens in einen großen Raum, in dem mehrere Chinesen damit beschäftigt waren, schmutzige Wäsche zu sortieren und große Waschmaschinen zu beladen. Samuel folgte der jungen Chinesin in einen engen Flur, wo sie vor einer Tür stehenblieb und klopfte. Durch das große Glasfenster, das sich daneben befand, sah Samuel eine grauhaarige Chinesin, die, in ihre Arbeit vertieft, an einem Schreibtisch saß. Das Mädchen öffnete die Tür, und sie betraten das kleine Büro.

»Das ist Mr. Hamilton«, sagte das Mädchen.

Die alte Chinesin stand auf, und erst jetzt erkannte Samuel, dass sie fast eins achtzig groß war. Sie hatte kurzgeschnittenes graues Haar und trug eine altmodische Hornbrille. Samuel fand, dass sie damit und mit ihren hohen Wangenknochen mehr an eine Gelehrte erinnerte und nicht gerade wie die Geschäftsführerin einer Wäscherei aussah. Sie reichte ihm lächelnd die Hand. »Ich bin Mae Ming. Mr. Song hat mir bereits von Ihnen erzählt. Wenn ich ihn recht verstanden habe, haben Sie ein Problem in Contra Costa County und hätten dabei gern ein bisschen Unterstützung.«

»Ja«, gestand Samuel. Die Ausdrucksweise und das Auftreten der Frau gefielen ihm auf Anhieb. Sein Blick wurde von dem Bücherregal hinter ihrem Schreibtisch angezogen. Es war voll mit Romanen und Lyrikbänden mit englischen Titeln, wissenschaftlichen Zeitschriften und Notizbüchern mit chinesischen Schriftzeichen auf dem Rücken. Samuel konnte es sich nicht verkneifen, die Diplome zu studieren, die neben dem Bücherregal an der Wand hingen, und zu seiner Überraschung stellte er fest, dass Mae Ming an der University of California in Berkeley in Biologie promoviert hatte.

»Ist das Ihr Doktortitel?«, fragte Samuel erstaunt.

»Ja. Aber in einer chinesischen Familie muss man sich leider manchmal zwischen Eltern und Karriere entscheiden. Meine Familie ist sehr konservativ. Vor acht Jahren kam



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