Erzählungen des Verrats by Various

Erzählungen des Verrats by Various

Autor:Various
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2017-10-01T13:37:51+00:00


Der Ruf des Löwen

Gav Thorpe

Die Wirklichkeit wurde in einem Sturm kaleidoskopischer Gewalt auseinandergerissen. Aus dem brodelnden Warpsprungpunkt brach ein schlankes Raumschiff hervor, das vor Waffensystemen nur so strotzte. Wenige Augenblicke, nachdem der Warpriss sich aufgetan hatte, krachte die Speer der Wahrheit in den Realraum. Beinahe gleichzeitig öffneten sich ihre Startbuchten und rote Lichtstrahlen ergossen sich aus den gähnenden Schlünden ihrer Hangars.

Der Schlachtkreuzer spie einen Schwarm unbemannter Sonden aus, die aus der gepanzerten Hülle des Kriegsschiffs in alle Richtungen schossen. Sie spannten und woben ein aufwendiges Muster wie Bienen um ihren Stock, und ihre Sensoren suchten nach jeglichen Anzeichen von Bedrohungen. Einige Minuten später drangen Patrouillenschiffe auf weiß glühenden Plasmastrahlen aus ihren mechanischen Leibern. Sie bildeten drei Schwadronen, eine an der Spitze, eine achtern und die andere umkreiste den Schlachtkreuzer mittschiffs. Von ihnen geschützt begann die Speer der Wahrheit den langsamen Prozess, ihre gewaltige Geschwindigkeit zu drosseln.

Auf der Brücke der Speer der Wahrheit stand Ordensmeister Astelan. Er war gerüstet, bewaffnet und bereit für die Schlacht. Und auch der Rest seiner Besatzung wahrte die Dauerbefehle für Schiffe, stets einsatzbereit zu sein. Solche Befehle waren nicht bloß Dogma. Trotz ihrer Geschütze und Patrouillenschiffe war die Speer der Wahrheit, wie alle Raumschiffe, beim Austritt aus dem Warpraum höchst verwundbar. Genauso, wie ein Mensch Zeit brauchte, um sich zu orientieren, wenn er das Bewusstsein wiedererlangte, mussten sich auch der Schlachtkreuzer und seine Bewohner an den Realraum gewöhnen.

Astelan trug seine Servorüstung, wie auch seine drei Begleiter Galedan, Astoric und Melian, die Captains der Kompanien, die sich an Bord des Schlachtkreuzers befanden. Ihre Rüstungen waren in einem schattigen Schwarz gehalten, das nur von den roten, mit geflügelten Schwertern verzierten Insignien der Legion auf ihrer linken Schulterplatte und ihren Kompanieabzeichen auf der rechten unterbrochen wurde. Das matte Grau freiliegender Leitungen und Kabel ragte zwischen den einander überlappenden Brustplatten aus Ceramit heraus und schlängelte sich unter den Armen hindurch zu den Rückenmodulen, die die Rüstungen mit Energie versorgten.

Obgleich sie sorgfältig gewartet wurden, zeigte jede von ihnen kleine und doch verräterische Zeichen der Abnutzung – Korrosionsflecken, ausgebesserte Kampfschäden und provisorische Ersatzteile. Astelan war zu Ohren gekommen, dass neuere Rüstungsversionen entwickelt worden waren, die verstärkte Gelenke und weniger Schwachstellen hatten. Es war jedoch mehr als vier Jahre her, seitdem der Orden sich um umfangreiche Neulieferungen bemüht hatte.

Die gewaltigen Gestalten der vier Astarteskrieger waren von mehreren Dutzend in rote Roben oder weiße Kittel gekleideten Bedienstete umringt. Die meisten standen an Arbeitsstationen, während andere mit Datentafeln zur Stelle waren, um alle Befehle ihrer Kommandanten aufzuzeichnen. Die einzigen Geräusche waren das Summen der Logikmaschinen, das Schnattern der Anzeigen, die Schritte von Stiefeln auf dem Gitterboden und das Murmeln der Techniker. Alle waren gut eingespielt. Es gab kein überflüssiges Gerede, nur knappe Berichte der Brückenbesatzung.

»Örtliche Sondierung nach Himmelskörpern negativ.«

An Astelans Hüfte hingen ein Energieschwert und seine Boltpistole in ihrem Holster. Sie waren seit seiner Beförderung zum Sergeant in seinem Besitz und ebenso Zeichen seines Amtes wie die Insignien, die auf seinem Brustpanzer eingraviert waren. Er trommelte mit seinen Fingern auf das Heft seines Schwerts, während er darauf wartete, dass die Anzeige des Messbildschirms sich erneut aufbaute.



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