Elektra by Hugo von Hofmannsthal
Autor:Hugo von Hofmannsthal [Hofmannsthal, Hugo von]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zeno.org
veröffentlicht: 2015-06-28T22:00:00+00:00
Geht wieder hinein.
CHRYSOTHEMIS halbaufgerichtet.
Gestorben in der Fremde! tot! begraben
dort in dem fremden Land. Von seinen Pferden
erschlagen und geschleift! Ach, sein Gesicht
unkenntlich, sagen sie. Wir habens nie
gesehen, sein Gesicht! Wenn wir ihn denken,
so denken wir ein Kind. Und er war groÃ.
Ob er vor seinem Sterben nicht nach uns
verlangte! Ich hab sie nicht fragen können:
es standen alle ringsherum. Elektra,
wir müssen hin und mit den Männern sprechen.
ELEKTRA vor sich.
Nun muà es hier von uns geschehn.
CHRYSOTHEMIS.
Elektra,
wir wollen hingehn: es sind zwei, ein Alter
und ein viel Jüngerer, wenn sie erfahren,
daà wir die Schwestern sind, die armen Schwestern,
so sagen sie uns alles.
ELEKTRA.
Was frommt noch
zu wissen? daà er tot ist, wissen wir.
CHRYSOTHEMIS.
Daà sie uns nichts, nicht einmal eine Locke,
nicht eine kleine Locke mitgebracht!
Wie wenn wir gar nicht auf der Welt mehr wären,
wir beiden Mädchen.
ELEKTRA.
Darum müssen wir
jetzt zeigen, daà wirs sind.
CHRYSOTHEMIS.
Elektra?
ELEKTRA.
Wir!
Wir beide müssens tun.
CHRYSOTHEMIS.
Elektra, was?
ELEKTRA.
Am besten heut, am besten diese Nacht.
CHRYSOTHEMIS.
Was, Schwester?
ELEKTRA.
Was? Das Werk, das nun auf uns
gefallen ist, weil er nicht kommen kann
und ungetan es ja nicht bleiben darf.
CHRYSOTHEMIS.
Was für ein Werk?
ELEKTRA.
Nun müssen du und ich
hingehen und das Weib und ihren Mann
erschlagen.
CHRYSOTHEMIS.
Schwester, sprichst du von der Mutter?
ELEKTRA.
Von ihr. Und auch von ihm. Ganz ohne Zögern
muà es geschehn.
CHRYSOTHEMIS sprachlos.
ELEKTRA.
Schweig still. Zu sprechen ist nichts.
Nichts gibt es zu bedenken, als nur: wie?
wie wir es tun.
CHRYSOTHEMIS.
Ich?
ELEKTRA.
Ja. Du und ich.
Wer sonst? Hat unser Vater andre Kinder,
die wo im Haus versteckt sind und zu Hülfe
uns kommen könnten? Nein, soviel ich weiÃ.
CHRYSOTHEMIS.
Wir beide sollen hingehn? Wir? wir zwei?
mit unsern beiden Händen?
ELEKTRA.
Dafür laÃ
du mich nur sorgen.
CHRYSOTHEMIS.
Wenn du auch ein Messer â
ELEKTRA verächtlich.
Ein Messer!
CHRYSOTHEMIS.
Oder auch ein Beil â
ELEKTRA.
Ein Beil!
Das Beil! das Beil, womit der Vater â
CHRYSOTHEMIS.
Du?
Entsetzliche, du hast es?
ELEKTRA.
Für den Bruder
bewahrt ich es. Nun müssen wir es schwingen.
CHRYSOTHEMIS.
Du? diese Arme den Ãgisth erschlagen?
ELEKTRA.
Erst ihn, dann sie; erst sie, dann ihn, gleichviel.
CHRYSOTHEMIS.
Ich fürchte mich. Du bist wie auÃer dir.
ELEKTRA.
Es schläft niemand in ihrem Vorgemach.
CHRYSOTHEMIS.
Im Schlaf sie morden, und dann weiterleben!
ELEKTRA.
Es handelt sich um ihn, und nicht um uns.
CHRYSOTHEMIS.
Kämst du zu dir, den Wahnsinn einzusehn!
ELEKTRA.
Wer schläft, ist ein gebundnes Opfer. Schliefen
sie nicht zusamm, könnt ichs allein vollbringen.
So aber muÃt du mit.
CHRYSOTHEMIS abwehrend.
Elektra!
ELEKTRA.
Du!
denn du bist stark!
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