Knulp by Hesse Hermann

Knulp by Hesse Hermann

Autor:Hesse, Hermann [Hesse, Hermann]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2015-09-08T16:00:00+00:00


Das Ende

Es war ein heller Tag im Oktober; die leichte, durchsonnte Luft wurde von launigen kurzen Windzügen bewegt, aus Feldern und Gärten zog in dünnen, zögernden Bändern der hellblaue Rauch von Herbstfeuern und erfüllte die lichte Landschaft mit einem scharfsüßen Geruch von verbranntem Kraut und Grünholz. In den Dorfgärten blühten sattfarbige Buschastern, späte bläßliche Rosen und Georginen, und an den Zäunen brannte noch hier und dort eine feurige Kapuzinerblüte aus dem schon matt und weißlich schimmernden Gekräut.

Auf der Landstraße nach Bulach fuhr langsam der Einspänner des Doktors Machold. Der Weg ging sachte bergan, links abgemähte Äcker und Kartoffelfelder, in denen noch geerntet wurde, rechts junger enger Fichtenwald halb erstickt, eine braune Wand von dichtgedrängten Stangen und dürren Zweigen, der Boden gleichfarbig trockenbraun voll dick gelagerter welker Nadeln. Geradeaus führte die Straße einfach in den zartblauen Herbsthimmel hinein, als habe da oben die Welt ein Ende.

Der Doktor hielt die Zügel lose in den Händen und ließ das alte Pferdchen gehen, wie es wollte. Er kam von einer sterbenden Frau, der nicht mehr zu helfen war und die doch zäh ums Leben gekämpft hatte bis zur letzten Stunde. Nun war er müde und genoß die stille Fahrt durch den freundlichen Tag; seine Gedanken waren eingeschlafen und folgten leicht betäubt und willenlos den Zurufen, die aus dem Geruch der Feldfeuerchen aufstiegen, angenehme, verschwommene Erinnerungen an Herbstferientage der Schülerzeit, und weiter zurück in klangvolle, gestaltlose Kindheitsdämmerung. Denn er war auf dem Lande aufgewachsen, und seine Sinne folgten erfahren und willig allen ländlichen Zeichen der Jahreszeit und ihrer Geschäfte.

Er war nahe am Einschlafen, da weckte ihn das Stehenbleiben des Wagens. Eine Wasserrinne lief quer über die Straße, darin fanden die Vorderräder einen Halt, und das Roß blieb dankbar stehen, senkte den Kopf und genoß wartend die Rast.

Machold ermunterte sich über dem plötzlichen Verstummen der Räder, nahm die Zügel zusammen, sah lächelnd nach verdämmerten Minuten Wald und Himmel wie zuvor in sonniger Klarheit stehen und trieb den Gaul mit vertraulichem Zungenschnalzen zum Weitersteigen an. Darauf setzte er sich aufrecht, er liebte es nicht, am Tage zu schlummern, und steckte sich eine Zigarre an. Die Fahrt ging im langsamen Schritt weiter, zwei Weiber grüßten vom Felde in Schattenhüten hinter einer langen Front von gefüllten Kartoffelsäcken hervor.

Die Höhe war jetzt nahe, und das Pferdchen hob den Kopf, ermuntert und voll Erwartung, nächstens den langen Sattel des heimatlichen Hügels hinabzutraben. Da erschien im nahen lichten Horizont von drüben her ein Mensch, ein Wanderer, stand einen Augenblick vom Blau umlodert frei und hoch, stieg nieder und wurde grau und klein. Er kam näher, ein magerer Mann mit kleinem Bart, in schlechten Kleidern, sichtlich auf der Landstraße daheim, er ging müde und mühevoll, aber er zog den Hut mit Artigkeit und sagte Grüß Gott.

»Grüß Gott«, sagte der Doktor Machold und sah dem Fremden nach, der schon vorüber war, und plötzlich hielt er den Gaul an, wandte sich stehend über das knarrende Lederdach zurück und rief: »Heda, Sie! Kommen Sie einmal her!«

Der staubige Wanderer blieb stehen und sah zurück. Er lächelte schwach



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