Egoistisch by Rachel Kramer Bussel

Egoistisch by Rachel Kramer Bussel

Autor:Rachel Kramer Bussel [Bussel, Rachel Kramer, (Hg.)]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-7325-1127-3
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-04-13T00:00:00+00:00


Schmutzig weißer Briefumschlag

Ellie Vokes

Ich habe drei Jahre gebraucht, um Ron zu gestehen, dass ich wie eine Hure behandelt werden möchte.

»Wie was?«, fragte er und fuhr sich durch sein langes, braunes Haar.

»Also natürlich nicht die ganze Zeit. Nur für eine Nacht. Ich kann dir gar nicht genau sagen, warum, aber ich hatte schon immer diese Fantasie, in einem knappen Nuttenoutfit zu einem billigen Motel zu fahren, dort einzuchecken und mich wie eine Hure behandeln zu lassen.«

Er starrte mich sekundenlang an. Sprachlos. Dann räusperte er sich. »Na gut. Aber wie weit soll das gehen? Wo sind deine Grenzen?«

»Ich möchte das komplette Erlebnis, ohne Einschränkungen. Lies mich am Straßenrand auf. Fahr mit mir zu einem billigen Motel. Rede Trash mit mir. Ich vertraue dir, Babe. Lass einfach deiner Fantasie freien Lauf. Und wenn es mir nicht gefällt, sage ich unser Safeword – rot – und wir reden darüber, was falsch läuft.«

»Alles klar.« In seinem Kopf schwirrten bereits Ideen herum. »Aber nur, wenn ich auch eine Rolle spielen darf.«

»Die da wäre?«

»Das wirst du schon bald herausfinden.«

***

Zwei Tage später stand ich in Netzstrumpfhosen, Minirock, Tanktop und Stöckelschuhen vor ein paar Bars in der Innenstadt und fühlte mich minderwertig und gedemütigt. Die Leute starrten mich an. Zwei College-Jungs murmelten irgendwas und brachen dann in hysterisches Gelächter aus. Eine Frau drückte ihre Handtasche eng an sich. Ich hatte mich noch nie so sehr nach einem Retter gesehnt wie heute.

Einige Minuten später kam Ron in seinem Ford Escort angerauscht und hielt ein paar Meter entfernt an. Ich ging zu ihm, beugte mich in das geöffnete Seitenfenster, wobei mein blondes Haar ins Auto hineinfiel. Ich blickte ins Auto und war begeistert. Ron trug die Kleidung eines Priesters.

Sein Haar war in einem strammen Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Gebräunte Haut berührte einen weißen Plastikkragen. Ein goldenes Kreuz baumelte um seinen Hals. Er war komplett in Schwarz gekleidet.

»Hallo, Vater. Brauchen Sie heute Abend etwas Gesellschaft?«

»Spring rein.«

»Danke, hier draußen wird es allmählich ziemlich kalt. Kennen Sie einen Ort, wo wir hinfahren können?«

»Ja. Das Motel 6 am Ende der Straße. Hattest du heute schon viel zu tun?« Er legte seine Hand auf meinen Schenkel. »Was ist deine Spezialität? Blasen? Ficken? Analverkehr?«

»Je nach Finanzlage des Kunden, Vater.« Er fuhr die Auffahrt zum Motel hoch. »Warte hier.« Er betrat das Motel und bezahlte das Zimmer. Rons Priesterverkleidung sah billig aus, und ich fragte mich, wie viele falsche Priester sich hier wohl täglich ein Zimmer nahmen. Mir gefiel es, dass Ron sich derart ins Zeug legte.

Er kam zurück, die Schlüssel in der Hand. »Wir haben das Zimmer bis morgen um elf.«

»Ron, du fällst aus der Rolle.«

»Tut mir leid, Babe«, antwortete er und wechselte sofort das Thema. »Du hast gar nicht gesagt, wie du heißt.«

»Bridget.«

»Nun, Bridget, das ist unser Zimmer.«

Es war das billigste Hotelzimmer, das ich jemals gesehen hatte. Bunt zusammengewürfelte Decken bedeckten das Bett, Wasserflecken zierten die Wände, kalter Zigarettenrauch lag in der Luft. Das Bad wollte ich mir nicht mal ansehen.

Falls Ron angewidert war, ließ er es sich nicht anmerken. Er setzte sich aufs Bett und zog einen weißen Briefumschlag hervor.



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