Don’t kiss Ray by Mischke Susanne

Don’t kiss Ray by Mischke Susanne

Autor:Mischke, Susanne [Mischke, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783423431682
Herausgeber: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
veröffentlicht: 2017-04-12T00:00:00+00:00


Die Sommertour war für uns der Durchbruch. Auftritte bei fast allen wichtigen Festivals und in großen Hallen in bedeutenden Städten. Paris, Amsterdam, Wien, Barcelona und Glastonbury! Das riesige Glastonbury Festival im Südwesten Englands war so megageil, danach fühlten wir uns, als ob uns die Welt gehörte.

Uns schien die Sonne aus dem Arsch.

Sogar Martin ist völlig aus dem Häuschen. »Ihr habt es geschafft, Jungs! Platz zehn in den britischen Charts, und das für eine deutsche Band, das ist Wahnsinn!«

In Deutschland haben wir diese Woche zwei Songs in den Top Twenty.

Ich frage mich nur, warum ich dann nicht vor Glück durch die Straßen schwebe? Da ist so ein schwer greifbares Unbehagen, eine vage Angst vor der Zukunft. Weil ich im Grunde weiß, dass es so nicht weitergehen wird. Jedenfalls nicht allzu lange. Oder bin ich vielleicht depressiv veranlagt? Läge ja immerhin in der Familie.

Richtig bei mir selbst bin ich nur, wenn ich auf der Bühne stehe. Dann vergesse ich alles um mich herum, alles, was war, alles, was sein wird. Ich bin hochkonzentriert und gleichzeitig voller Euphorie. Ich weiß, dass ich mit meiner Stimme Mädchenherzen zum Schmelzen bringe, und wenn ich sie vor Entzücken kreischen höre, denke ich manchmal: Das ist der Sound des Erfolgs. Mal ehrlich, wer würde den nicht genießen? In letzter Zeit blitzt dabei allerdings hin und wieder der Gedanke auf, dass diese kreischenden kleinen Mädchen kalt lächelnd dazu fähig sind, einem anderen Mädchen das Leben zur Hölle zu machen.

Manchmal bilde ich mir ein, in diesem Meer von Gesichtern Jill zu sehen. Aber natürlich ist sie es nicht und durch das Lichtgewitter auf der Bühne kann man ohnehin nicht viel von den Leuten da unten erkennen. So schräg das klingt, aber auf der Bühne ist man unter tausenden von Menschen allein.

Die Türklingel reißt mich aus meinen Grübeleien. Ich drücke auf den Summer, mache die Tür auf und gehe in die Küche. Silas wollte Brötchen holen für unser 12-Uhr-Frühstück, sicher hat er wieder keinen Schlüssel mitgenommen.

»So lebt also mein Sohn, der Rockstar.«

Ich wirble herum. Vor mir steht meine Mutter und scannt die Küche ab. Mum ist klein, deshalb zieht sie gern Schuhe mit hohen Absätzen an. Heute sind es schwarze Pumps. Dazu trägt sie einen roten Trenchcoat, der Gürtel betont ihre noch immer mädchenhafte Taille. Sie ist dezent geschminkt. Nicht zu fassen: Meine Mum hat Make-up aufgelegt, um mich zu besuchen! Der Lippenstift passt zum Mantel und steht ihr. Sie sieht sogar richtig mondän aus.

»Hallo Rockstar-Mum!«, gebe ich strahlend zurück und dann liegen wir uns in den Armen. Seit meinem Auszug habe ich sie nicht mehr gesehen.

»Weiß er, dass du hier bist?«, frage ich.

»Ja, was denkst du denn?«

»Na ja …«

»Dein Vater meint es doch nur gut. Er macht sich Sorgen um dich.«

»Das kann er sich sparen.« Wo er doch sowieso ein alter Geizhals ist, setze ich in Gedanken hinzu.

Ich zeige ihr die Wohnung, die sie natürlich toll findet. »Dieses wunderschöne Parkett, ist das alt? Funktioniert der Kachelofen?«

Ich schalte die Kaffeemaschine ein.

»Ihr seid sehr erfolgreich, oder? Ich höre dich jedenfalls dauernd im Radio.



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