Die Perlenschwester: Roman - Die sieben Schwestern 4 - (German Edition) by Lucinda Riley

Die Perlenschwester: Roman - Die sieben Schwestern 4 - (German Edition) by Lucinda Riley

Autor:Lucinda Riley [Riley, Lucinda]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2017-10-29T23:00:00+00:00


* * *

»Na, wie läuft’s?«

Ich erschrak so sehr, dass ich fast das schmutzige Wasser über mein Bild verschüttet hätte.

»Sorry, CeCe. Du warst ganz in deiner eigenen kleinen Welt, was?« Chrissie entschuldigte sich und richtete die Flasche auf. »Hast du Hunger? Du malst schon gute zwei Stunden.«

»Tatsächlich?« Ich war benommen, als wäre ich aus tiefem Schlaf erwacht.

»Ja. Die letzten vierzig Minuten habe ich bei voll aufgedrehter Klimaanlage im Wagen gesessen. Scheiße, ist das hier draußen heiß. Ich hab dir eine Flasche kühles Wasser aus dem Auto mitgebracht.« Chrissie reichte sie mir, und ich trank mit einem Gefühl der Desorientierung. »Und?« Chrissie sah mich fragend an.

»Und was?«

»Wie geht’s voran?«

»Tja …«

Ich konnte ihr keine Antwort geben, weil ich es selbst nicht wusste. Als ich das Blatt Papier auf meinem Schoß betrachtete, sah ich zu meiner Überraschung, dass sich darauf ein fertiges Bild befand.

»Wow, CeCe …« Chrissie blickte mir über die Schulter, bevor ich sie daran hindern konnte. »Das ist klasse!« Vor Begeisterung klatschte sie in die Hände. »Hab ich’s doch gewusst! Irre! Und das mit dieser alten Dose Wasserfarben.«

»So toll ist es auch wieder nicht«, sagte ich. »Die Perspektive der MacDonnell Ranges stimmt nicht ganz, und der Himmel ist zu schlammig blau, weil mir anscheinend irgendwann das saubere Wasser ausgegangen ist.«

Doch auch ich wusste, dass dies das beste Aquarell war, das ich je gemalt hatte.

»Ist das eine Höhle?«, fragte Chrissie, die neben mir in die Hocke gegangen war. »Sieht aus, als würde am Eingang eine schattenhafte Gestalt stehen.«

Sie hatte recht. Da war eine verschwommen weiße Wolke, die einer Rauchschwade aus einem Kamin ähnelte. »Ja«, antwortete ich, obwohl ich mich nicht erinnerte, sie gemalt zu haben.

»Und diese beiden knorrigen Stellen an der Rinde des Ghost Gum – die ähneln Augen, die die Gestalt beobachten. CeCe, du hast es tatsächlich geschafft!« Chrissie schlang die Arme um mich und drückte mich.

»Meinst du? Aber ich hab keine Ahnung, wie.«

»Das spielt keine Rolle. Das Wichtigste ist, dass du’s geschafft hast.«

»Es spielt schon eine Rolle, wenn ich das wiederholen möchte. Und das Bild ist alles andere als perfekt.« Wie immer, wenn Menschen mir erklärten, dass ich etwas gut könne, begann ich es mit kritischem Blick zu betrachten und die Fehler zu analysieren. »Die Ghost-Gum-Äste wirken nicht harmonisch, und die Blätter sind verkleckst und nicht das richtige Grün. Und …«

»Nun mach aber mal halblang!« Chrissie zog mir das Bild weg, als hätte sie Angst, ich könnte es zerreißen. »Künstler sind die strengsten Kritiker ihrer eigenen Werke, das weiß ich, aber letztlich entscheiden die Betrachter, ob sie etwas gut oder schlecht finden. Und da ich eine Betrachterin und obendrein Kunstliebhaberin bin, sage ich dir hiermit, dass du gerade etwas Tolles geschaffen hast. Ich muss es aufnehmen. Hast du deine Kamera dabei?«

»Ja, die ist im Wagen.«

Nachdem sie eine Reihe von Fotos gemacht hatte, packten wir unsere Sachen zusammen und fuhren in die Stadt zurück. Den gesamten Rückweg redete Chrissie nur von dem Bild. Sie redete nicht nur darüber, sondern analysierte es zu Tode.

»Besonders aufregend finde ich, dass du Namatjiras Stil aufgegriffen und zu deinem eigenen weiterentwickelt hast.



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