Die Hochzeit der Chani Kaufman by Harris Eve

Die Hochzeit der Chani Kaufman by Harris Eve

Autor:Harris, Eve [Harris, Eve]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neue Literatur
ISBN: 9783257606935
Herausgeber: Diogenes
veröffentlicht: 2015-08-25T16:00:00+00:00


[233] 16

Baruch

Mai 2008 – London

Als Baruch nach Hause kam, warteten seine Eltern bereits im Wohnzimmer auf ihn. Sie saßen nebeneinander auf dem cremefarbenen Ledersofa, zwei mächtige Konsuln, eingehüllt vom goldenen Licht der Stehlampe.

»Komm, Baruch, setz dich zu uns«, grunzte sein Vater. Er saß vornübergebeugt, in Hemdsärmeln, seine Hosenträger unterteilten das weiße Hemd, das sich über seinen breiten Rücken spannte.

Baruch betrat die Arena und ließ sich im Sessel ihnen gegenüber nieder. Zwischen ihnen stand ein gläserner Couchtisch.

»Baruch, deine Mutter war heute bei Mrs Gelbman, und nachdem wir die Sache besprochen haben, sind wir der Ansicht, dass Chani nichts für dich ist.«

Baruch starrte erst seinen Vater an und dann seine Mutter. Mrs Levy wich seinem Blick aus. Stattdessen griff sie nach der Hand ihres Mannes.

»Aber – warum? Was stimmt denn nicht mit ihr?« Die Worte platzten nur so heraus.

Mr Levy warf einen Seitenblick auf seine Frau. Sie inspizierte noch immer den Teppich. Er stupste sie an.

[234] »Baruch«, begann sie zögerlich, »ich weiß, wie gern du sie treffen möchtest. Aber, Liebling, sie ist nichts für dich. Ich habe lange mit Mrs Gelbman gesprochen, und es hat sich herausgestellt, dass Chani aus irgendwelchen Gründen nicht auf der Sem war. Du kannst kein Mädchen heiraten, das nicht zu einer ordentlichen Jüdin erzogen wurde. Wir wissen nicht, ob sie nicht angenommen wurde oder aus einem anderen fragwürdigen Grund nicht dort war. Aber diejenigen, die abgelehnt wurden, sind immer problematisch. Liebling, du wirst ein Rabbi, und du brauchst eine dir angemessene Frau. Eine, die dir ebenbürtig ist, die dich und deine Bedürfnisse versteht, die deine Lebensgefährtin ist, deine –«

Mrs Levy brach ab. Sie konnte die Verzweiflung in den Augen ihres Sohnes nicht ertragen. Baruch sagte kein Wort.

Mr Levy übernahm. »Baruch, wir wollen, dass du auf lange Sicht glücklich wirst. Wenn du das falsche Mädchen heiratest, endet das nur in einem Desaster für uns alle. Für sie und ihre Familie und für uns. Es gibt so viele wunderbare Mädchen, und ich verspreche dir, eine davon ist für dich bestimmt. Aber Chani ist es nicht. Vergiss sie, sieh nach vorn. Wie ich höre, hat Mrs Gelbman ein paar bezaubernde junge Damen an der Hand, mit denen du dich treffen könntest. Das wird das Beste sein.«

Er hielt es nicht länger aus. In diesem Augenblick hasste er sie alle, einschließlich Mrs Gelbman. Alle waren gegen ihn. Baruch hatte auf die Ausgaben von Good Housekeeping gestarrt, die sich auf dem [235] Couchtisch stapelten. Sie waren seit Ewigkeiten nicht angefasst worden, die Ecken noch immer perfekt ausgerichtet. Aus irgendeinem Grund machten ihn diese Zeitschriften noch wütender: Die leeren Versprechungen vom perfekten Leben in perfekten Häusern mit unendlichen Möglichkeiten hatten nichts mit der Enge seines eigenen Alltags zu tun.

Das Schweigen zog sich hin. Mr Levy starrte hinunter auf seine makellosen Halbschuhe und suchte nach abgestoßenen Stellen, während Mrs Levy ihren Sohn musterte.

Schließlich fing er an zu reden, so leise und ruhig, dass seine Eltern die Hälse recken mussten, um ihn zu verstehen.

»Es ist nicht fair. Nichts in meinem Leben ist fair. Ich kann mich noch nicht mal mit dem Mädchen treffen, das mir gefällt.



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