Armageddon Rock by George R. R. Martin

Armageddon Rock by George R. R. Martin

Autor:George R. R. Martin
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fantasy
Herausgeber: Golkonda Verlag
veröffentlicht: 2014-11-12T00:00:00+00:00


Fünfzehn

Als er Denver verließ und auf der Interstate 76 nach Nordosten fuhr, war die linke Seite seines Gesichts geschwollen und tat weh. Wenn er Glück hatte, würde sein Bart die schlimmste Verfärbung verbergen, doch den Schmerz würde er aushalten müssen. Allzu schwer war das nicht. Sein Zorn half. Er war so wütend, dass der Schmerz seinen Zorn nur noch weiter anfachte. Seine Gedanken waren fiebrig; Gewitterwolken, die seinen Kopf mit düsteren Phantasien und undurchführbaren Plänen erfüllten.

Er durchquerte die flache Leere von Ost-Colorado, ohne sie recht wahrzunehmen, war sich nur der vorbeiziehenden Meilen, des kalten Winds draußen, des Geplärrs im Radio und seiner Wut bewusst. Er fuhr schnell, ließ sich von seinem Zorn treiben und nährte ihn mit Geschwindigkeit. Tagtraum wurde zu einem flachen, bronzefarbenen Geschoss auf der Überholspur, raste an Pkws, Trucks und schlingernden Mietlastern vorbei und schwenkte nur nach rechts, wenn ein langsamerer Raser die linke Spur blockierte. Die Tachonadel kroch nach oben: 120, 130, 140. Und Sandy trieb den Wagen vor Wut schäumend noch schneller voran und dachte an Butcher Byrne. Er war voller Grimm und voller Pläne. Er würde sich Anwälte nehmen und Slum freibekommen. Er würde Jared überreden, Butcher im Hog zu entlarven. Er würde hässliche Rezensionen über Butchers Bücher schreiben. Er würde etwas tun, irgendwas, alles. Es war ein Skandal, ein Verbrechen. Slum mochte hilflos sein, aber Sandy war es nicht. Er würde für Gerechtigkeit sorgen.

Die Straße wurde zu einem verschwommenen Durcheinander weißer Linien, und das gab der Phantasie irgendwie Nahrung. Hinter dem Steuer von Tagtraum hatte er Macht. Er konnte sie schmecken, fühlen, den Beweis dafür sehen, als er an allem vorbeizog, was in Sichtweite war. Ein schneller Wagen hat etwas an sich, das dies bewirkt. Mit einem Lenkrad in den Händen und einem Gaspedal unter dem Fuß entdeckt selbst der allerletzte Verlierer für kurze Zeit seine Fähigkeiten. In einer Welt, die einen so oft enttäuschte und dem hilflosen Gefühl aussetzte, dass man doch nichts ändern, nichts tun, nichts bewirken konnte, war das Auto immer noch dem Willen untertan. Ein voller Tank, ein freier Highway und eine Box voller Kassetten reichte, um Sandy die Illusion von Zuversicht zu vermitteln, ihm das Gefühl zu geben, etwas erreichen zu können.

Aber diese Stimmung verrauchte nahe der Grenze zu Nebraska, wo die I-76 in die I-80 einmündete. Das Benzin wurde knapp, und der Oldie-Sender in Denver, den Sandy eingestellt hatte, war in statisches Rauschen übergegangen. Die Interstate schwang in einer langen, weiten Kurve herum; Tagtraum nahm sie mit knapp über 120 und lag gut auf der Straße. Und dann sah Sandy weiter vorne den Streifenwagen. Aber es war zu spät; sie hatten ihn schon geblitzt, und einer der Cops winkte ihn herüber.

Er kam mit kreischenden Bremsen auf dem Seitenstreifen zum Stehen, kurbelte sein Fenster herunter und nahm mit verdrossenem Schweigen den Strafzettel entgegen. Der Cop wirkte ein wenig besorgt, als er ihm den Führerschein zurückgab. 'Alles okay, Mister?', fragte er. 'Sie sehen nicht besonders gut aus.'

Sandy berührte seine Wange. Sie tat weh.

'Das ist nichts', sagte er. 'Aber ich könnte wohl ’n Eisbeutel brauchen.



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