Wir brauchen viel mehr Schafe by Renate Bergmann

Wir brauchen viel mehr Schafe by Renate Bergmann

Autor:Renate Bergmann [Bergmann, Renate]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644400047
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2016-10-03T23:00:00+00:00


Dezember

Die Meiser läuft so komisch. Die hat bestimmt nicht gemerkt, dass ich ihr zum Nikolaus einen Streifen Mong Scherrie in den Stiefel gesteckt habe.

Wir probten jede Woche fleißig für unser Krippenspiel. Dazu bedurfte es Konsequenz und Disziplin, schließlich wollten wir uns nicht blamieren. Was für ein Reinfall, wenn die Schlode von ihrer Bjutiereise zurückkäme und hörte, dass irgendwas schiefgegangen wäre. Nicht auszumalen!

Zumal diese Person uns dazwischenfunkte, wo sie nur konnte. Denken Se sich nur, sie hatte den alten Herren vom Männerchor ein Fass Freibier versprochen, wenn sie nicht mitsangen ohne sie. So ein ausgekochtes Aas. Zum Glück ist Kurt ein Fuchs bei so was, er hielt mit einem Fass dagegen und legte noch für jeden der Herren einen Rammler aus seinem nächsten Karnickelwurf drauf, küchenfertig geschlachtet und ausgenommen. Da konnte die Schlode nicht mithalten. Soweit ich weiß, gibt es nicht mal einen Hamster in ihrem Haushalt.

In der ersten Dezemberwoche bestellten wir die ausgesuchten Stoffe, Ilse und Frau Glocke nahmen bei allen Maß und schneiderten uns hinreißende Blusen. Frau Landwehr klöppelte bald Tag und Nacht durch, um die Kragen fertigzustellen. Jeder gab sich die allergrößte Mühe. Frau Schlode war so schnippisch und beleidigt, dass sie mich nur noch schmallippig grüßte. Sie tat so, als würde sie sich nicht die Bohne dafür interessieren, was wir planten. Dabei wusste ich ganz genau, dass sie die Kinder aushorchte, sobald sie sie zum Geburtstagssingen kutschte. Sollte se nur, wir würden es ihr schon zeigen.

Dann stand der erste Advent bevor. Stellen Se sich vor, wir hatten sogar Schnee! Leise tanzten die Flocken bei sternenklarer Nacht durch die Luft und verwandelten Spandau in ein weihnachtliches Winterwunderland. Die Kinder bauten Schneemänner, die Stadtreinigung spritzte mich mit dem Schneepflug mit Schmadder voll, und der kleine Berber kam jeden Morgen vor der Schule auf einen Sprung bei mir vorbei, um sein Türchen im Adventskalender aufzumachen. Er hatte seinen Kalender nämlich bei mir in der Küche hängen. Seine Mutter hätte ihm sonst alles weggefuttert.

Am ersten Adventssonntag war wie jedes Jahr großes Familienessen bei mir. Da lade ich alle ein, die ganze Familie, und wir gehen zusammen auf die Friedhöfe. Später gibt es ein Festmahl bei mir in der Stube. Schließlich harke und gieße ich das ganze Jahr über, und am Totensonntag werden alle Gräber fein rausgeputzt – da kann ich ja wohl erwarten, dass wenigstens einmal im Jahr alle meinen Gatten ihre Aufwartung machen und der Herren im Stillen gedenken. Schließlich sind se ja auch alle mit mindestens einem von ihnen verwandt und können sich ruhig mal blicken lassen am Grab, das gebietet ja wohl der Anstand.

Hinterher gibt es meine beliebten Rouladen nach Tante Metas Rezept. Stefan sagt dazu immer, frech, wie er ist: «Weihnachten bei Tante Renate ist schlimmer als die Grüne Woche und Schnitzelwettessen zusammen, und das Adventsessen ist das Trainingslager dafür.» Der Gute! Aber wissen Se, auf dem Ohr bin ich taub. Diät können se ein andermal machen, nicht wenn ich gekocht habe.

Seine Frau Ariane ist ja auch so eine, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Die sagt freiraus, wenn es ihr mal nicht schmeckt.



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