Tier zuliebe by Birgit Klaus

Tier zuliebe by Birgit Klaus

Autor:Birgit Klaus [Klaus, Birgit]
Die sprache: eng
Format: epub
Herausgeber: Kösel
veröffentlicht: 2011-05-10T22:00:00+00:00


Die geistige Leichtigkeit des Seins

Nach wenigen Monaten ohne Fleisch fühle ich mich leicht und unverletzbar. Das Gefühl kenne ich von Heilfastenkuren, die ich früher schon gemacht habe: eine Woche nichts als Tee – für Menschen, die gerne essen, natürlich ein Albtraum. Für mich ein Albtraum. Aber man wird nach einigen Tagen für die ertragenen Qualen mit ebendieser Leichtigkeit und Zufriedenheit belohnt, und die stellt sich jetzt dauerhaft bei mir ein! Um mich herum herrscht Hektik und Rastlosigkeit, Zeitdruck und Geschäftigkeit. Denn es ist die stressigste Woche des Monats: die Aufzeichnungswoche. Normalerweise bin ich abends so kaputt, dass ich nichts mehr unternehme, sogar manches Mal auf dem Sofa schon eingeschlafen bin. Doch jetzt ist es anders. Ich bin voller Energie.

Und nun könnte ich auch mal auf all die Fragen antworten, die mir neuerdings Freunde stellen, die von meinem Vegetarier-Experiment erfahren und die neugierig erwartungsvoll hoffen, dass ich schon nach kürzester Zeit von großartigen Veränderungen berichten kann: »Und? Was hat sich getan? Wie fühlst du dich?« Es ist geradezu so, als würde man von mir erwarten, dass ich plötzlich auf den Händen gehen kann. Oder dass ich hellsichtige Visionen habe und ein völlig anderer Mensch geworden bin. Bislang konnte ich den Neugierigen nichts Besonderes anbieten, doch jetzt merke ich erstmals, dass sich etwas tut. Die Unabhängigkeit, die man immer dann spürt, wenn man es schafft, sich in Askese zu üben – denn nichts anderes ist es ja, wenn ich mit leckeren Fleischgerichten konfrontiert »Nein danke« sage –, tut ihr Übriges. Ich bin Herr meiner selbst.

Ich könnte allerdings auch davon berichten, dass ich aussehe wie ein Streuselkuchen. Ja, ich habe Pickel bekommen. Ungeschminkt sehe ich aus, als wäre ich in der Pubertät. Das ist schon beunruhigend, denn mit Mitte vierzig will man da ja eigentlich nicht mehr hin. Vor allem: Woran liegt das? Hat es überhaupt mit dem Fleischverzicht zu tun? Ich lese ein weiteres Mal das Kapitel »Umstellung auf vegetarische Ernährung« aus dem Buch Vegetarisch leben, das mich bei meinem Experiment begleitet. Offenbar geschieht etwas mit den Verdauungsorganen, die durch die industrialisierte Kost geschwächt und durch Unmengen an Gluten – in Industrienahrung – verklebt sein sollen. Klingt recht unappetitlich. Wenn der Körper dann gesunde, reinigende Nahrung bekommt, entgiftet er sich erst mal. Das, so heißt es, kann zu einer »Erstverschlimmerung« führen, die meinen Zustand erklären würde. Nur nicht irritieren lassen von den Kommentaren diverser Mitmenschen, lautet ein gutgemeinter Tipp. Ich lasse mich nicht irritieren. Außerdem habe ich eine gute Maskenbildnerin. Aber all diese Veränderungen sind sicher nicht nur darauf zurückzuführen, dass ich seit drei Monaten kein Fleisch mehr esse. Ich esse insgesamt gesünder und überlegter. Das ist übrigens etwas, das ich mit vielen Vegetariern gemeinsam habe: Sie ernähren sich allgemein gesünder, treiben mehr Sport, rauchen seltener und trinken weniger Alkohol.

Epidemiologen des deutschen Krebsforschungsinstituts Heidelberg haben von 1978 bis 1999 die bislang größte Studie über Vegetarismus durchgeführt. Es sollte geklärt werden, ob Vegetarier grundsätzlich gesünder sind und länger leben. Das recht unspektakuläre Fazit: »Ein bisschen Fleisch schadet nicht, wenn man sonst gesund lebt.« Dass Vegetarier aber meist trotzdem gesünder leben als Fleischesser, ist kein Geheimnis.



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