Sprung ins Leben by Jacobi Julian

Sprung ins Leben by Jacobi Julian

Autor:Jacobi Julian [Julian, Jacobi]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2014-12-28T05:00:00+00:00


Und am Abend auf dem Nachtmarkt

Die anfängliche Unzufriedenheit und der Ärger über mich selbst, dass ich mich in Bezug auf die Sprache nicht besser vorbereitet hatte, waren verflogen. Täglich etwa eineinhalb Stunden Chinesisch und dazu abends noch etwas aufarbeiten, zeigten langsam, aber stetig kleine Erfolge. Inzwischen machte es sogar Spaß, einkaufen zu gehen und Leute ungeniert und angemessen ansprechen zu können. Hatte ich die Chinesen nicht nur im Alltag immer schon als sehr freundlich empfunden, schlug mir jetzt oft große Herzlichkeit entgegen. Gern waren die Leute bereit, sich auf ein Gespräch einzulassen und auf diese Weise etwas von und über den Fremden aus dem fernen Europa zu erfahren. Darüber hinaus machten sich die Sprachkenntnisse auch bei Einkäufen in vielerlei Hinsicht positiv bemerkbar. Nicht nur, dass ich jetzt, bis auf seltene Ausnahmen, das mitnahm, was ich wirklich haben und essen wollte, auch die Preise schienen mit jedem Wort, dass ich bereit war zu sprechen, auf wundersame Weise günstiger zu werden. Das schonte den Geldbeutel nicht unerheblich.

Doch dann gab es erneut eine Änderung, was den Sprachkurs betraf. Die Lehrerin, keine feste Mitarbeiterin der Schule, war woandershin gewechselt, und jetzt fiel der Unterricht oft aus und fand mehr sporadisch mit einer Ersatzlehrerin statt. Deshalb nutzte ich die freien Abende, um mich unter das Volk zu mischen und meine hart erworbenen Chinesisch-Kenntnisse nicht verkümmern zu lassen. Außerdem brauchte ich eine weitere, möglichst fleischhaltige Mahlzeit pro Tag.

Immer öfter ging ich also zum Abschluss des Abends in die Stadt, um mir noch etwas »zuzufüttern«, Fleisch vor allem. Der Vorteil, die Schulanlage stets verlassen zu dürfen, sofern alle angesetzten Unterrichtsstunden eingehalten wurden, erwies sich mal wieder als enorm hilfreich.

Bei einem dieser Bummel über den Nachtmarkt sah ich in der Nähe einige Typen aus der Sanda-Gruppe, die mich aber immer nur kritisch beäugt hatten; ich war mit ihnen einfach nicht warm geworden. Die Gründe, weshalb ich nicht mehr mit ihnen trainierte, kannten sie wahrscheinlich nicht. Jedenfalls standen sie nicht so weit entfernt, und ich konnte das in meine Richtung gesagte »Blöder Ausländer, was willst du hier?« sehr gut verstehen. Ich ging auf sie zu, um mit ihnen zu sprechen und ihrem eventuell nicht ganz glücklichen Versuch der Kontaktaufnahme den Wind aus den Segeln zu nehmen. Aber siehe da, genau die, die beim morgendlichen Laufen nicht die Schnellsten gewesen waren, machten sich flugs aus dem Staub. Schmunzeln musste ich, weil ich daran dachte, dass ich früher derjenige gewesen war, der bei unangenehmen Zusammentreffen die Beine in die Hand genommen hatte.

Das reichhaltige Essensangebot auf dem bei Einheimischen wie Besuchern aus aller Welt beliebten Nachtmarkt kam meinen Wünschen entgegen. Die Magenprobleme, die ich mir mit jedem Essen einhandelte, würden sich hoffentlich mit der Zeit geben, dachte ich optimistisch. Aber mein Körper dachte anders. Es lag wohl am vielen Fett, denn egal welchen Imbissstand ich aufsuchte, der Meister am Wok begann den Kochvorgang stets mit einer übergroßen Kelle Öl. Mein ganz auf fettarm geschulter Körper stieß bei diesen Mengen wohl an seine Grenzen. Meine Bitte, etwas weniger Öl zu nehmen, kam man insofern nach, dass »nur« noch drei Viertel der vorherigen Menge in den Wok gegeben wurde.



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