Schatten im Paradies. by Erich Maria Remarque
Autor:Erich Maria Remarque [Remarque, Erich Maria]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fiction, General, Romance
ISBN: 9783462026870
Google: _VJoPAAACAAJ
Amazon: 3426003635
Herausgeber: Kiepenheuer & Witsch
veröffentlicht: 1998-03-14T23:00:00+00:00
»Das glaube ich schon. Ein Jude macht keine makabren Witze auf Kosten seiner Familie.«
Kahn sah mich amüsiert an. »Ich bin nicht einmal sicher, ob er überhaupt einen Sohn hat«, erklärte er.
Wir traten in die Waschküchenschwüle der StraÃe. »Glauben Sie, daà Hirsch morgen Schwierigkeiten machen wird?« fragte ich.
»Ich glaube nicht. Er hat Angst um seine Einbürgerung.«
»Weshalb haben Sie mich eigentlich mitgenommen? Ich war doch eher ein Hindernis. Für Sie auch, da Hirsch vor Zeugen vorsichtig sein muÃte. Ohne mich hätten Sie es vielleicht leichter gehabt.«
Kahn lachte. »Kann sein, aber nicht viel. Dafür hat ihr ÃuÃeres sehr geholfen.«
»Warum?«
»Weil Sie aussehen wie ein Gewittergoi! Wissen Sie, was das ist? Das, was sich die Krüppel und Schwarzhaarigen der Regierung drüben als Arier vorstellen! Ein Jude und ein Jude â die verstehen sich und nehmen sich niemals ganz ernst. Aber wenn man einen solchen Knallarier wie Sie dabei hat, das ist etwas ganz anderes. Ich nehme an, daà es Hirsch ganz hübsch erschreckt hat.«
Ich erinnerte mich daran, daà ich vor kurzem, ohne daà ich es wollte, Deutschland gegen Fraser in Schutz nehmen muÃte, jetzt wurde ich wie ein Nazi als Schreckmittel verwendet. Es war sonderbar, in was für Situationen man geraten konnte. Ich wuÃte, daà ich nicht viel Sinn für Humor hatte, für solche Angelegenheiten hatte ich aber wirklich gar keinen. Ich kam mir plötzlich vor, als hätte man mir einen Pisspott über den Kopf gegossen.
Kahn merkte nichts. Er schritt federnd durch die gläserne Brühe des Mittags, wie ein Jäger, der Wild gesichtet hat. »Endlich eine Unterbrechung der Langeweile«, sagte er. »Es war ja schon zum Auswachsen! Ich bin diese Sicherheit nicht gewöhnt. Vielleicht bin ich auch für immer dafür verdorben.«
»Warum melden Sie sich nicht in den Krieg?« fragte ich trocken.
»Habe ich getan. Sie wissen doch, daà man uns nicht nimmt. Wir sind âºFeindliche Ausländerâ¹. Schauen Sie sich Ihren Ausweis an!«
»Ich habe keinen. Ich bin noch eine Stufe darunter. Aber bei Ihnen ist das doch anders. Sicher weià man in Washington, was Sie in Frankreich getan haben.«
»Man weià es, und deshalb traut man mir noch weniger. Man vermutet Doppelspiel. Wer so freche Sachen verüben konnte, muÃte auch besondere Beziehungen haben, denkt man in den Büros. Ich wäre nicht überrascht, wenn man mich noch einsperrte. Wir leben in einer Spiegelexistenz von Ironien.« Kahn lachte. »Leider sind Ironien etwas für Schriftsteller, nicht für Leute wie mich.«
»Hatten Sie Unterschriften von Emigranten gegen Hirsch?«
»Nein. Natürlich nicht. Deshalb habe ich ja auch nur tausend Dollar verlangt statt den ganzen Betrag. Hirsch kann so glauben, noch gut weggekommen zu sein.«
»Sie meinen, er kann so glauben, daà er ein Geschäft gemacht hat?«
Kahn sah mich an. »Ja, mein armer Ross«, sagte er mitleidig. »So ist die Welt nun einmal.«
***
»Ich wollte, wir könnten irgendwohin fahren, wo es still ist«, sagte ich zu Natascha. »In irgendein europäisches Dorf oder an einen See. Irgendwohin, wo man nicht sofort schwitzt.«
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