Rosaliens Briefe an ihre Freundin Mariane von St** by La Roche Sophie von

Rosaliens Briefe an ihre Freundin Mariane von St** by La Roche Sophie von

Autor:La Roche, Sophie von
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00


Sieben und siebzigster Brief

Rosalia an Mariane S**.

Da war ich mitten im Winter verreißt, Otte, seine Julie und ich, um Herrn und Frau G** in F** abzuholen, die nach einer Abwesenheit von etwa drey Monaten wieder zurück wollen. – Es war sehr kalt, als wir abgingen; aber ein heller, reiner Himmel dabey. Alle Steine, alle Grashälmchen mit Silberduft überzogen, und das auf einer grossen Weite umher. Dann enge Hohlwege, unfreundliche, und gefrorne Bäche, bey denen wir ängstlich waren. Aber auch ein herrlicher Buchenwald, alle Zweige bereist, braune und gelbe Blätter daran, nur an den Enden mit dem so glänzenden Duft eingefaßt. Und als wir auf die Höhe des Waldes kamen, wo er stark ausgehauen ist, hatte ich den angenehmsten Anblick, den diese Jahrszeit geben kann. Eine Art Nebel, aber sehr dünn, der auf dem Berge lag, durch welchen die auf der Seite stehenden Büsche nur als durch einen Flor schimmerten, würde schon an sich reizend gewesen seyn; aber die Sonne verschönerte es äusserst. Da ihre Strahlen just von der Seite unsern Wagen trafen und dessen Schatten an die Gebüsche warfen; so bildete sich um diesen Schatten herum ein Regenbogen, der ihn lange Zeit begleitete, bis eine Wendung des Wegs den köstlichen Anblick zerstörte. Die Farben waren etwas blaß, wie beynah die Mondregenbogen sind – und nach Maaßgabe des kleinen halben Zirkels um unser Fuhrwerk, auch schmal und um so viel neuer und gefälliger für uns. Wir hatten auch etwas langsamer fahren lassen, das holde Schauspiel länger zu geniessen. Es endigte mit dem Abhang des Berges und den aufsteigenden kleinen Säulen von Rauch, aus den Hütten eines armen Dorfs, durch das wir fahren mußten. – Otte spottete unser sehr, da wir in dem Posthaus und dem andern, was wir sahen, alles so schlecht und häßlich fanden und die schönen Sachen bedauerten, die wir im einsamen Walde gesehen hatten. –– Er behauptete, unsre Entzückung sey nicht aus dem Grunde der großen Reitze des Winters der Natur hergekommen, sondern weil wir Farben, kleine Spiegelchen und Diamanten gesehn hätten. Bald wären wir auch ungeduldig über ihn geworden; aber der neue Postillion, ein hübscher, munterer Kerl, stimmte sein Horn so schön an, daß er uns auch munter erhielt. Er fuhr sehr geschwind, ausgenommen gegen das vorletzte Dorf der Station, wo wir wieder Pferde wechselten. Da ließ er nur einen Schritt gehen, aber alle Künste seines Posthorns und dann das Klatschen seiner Peitsche hören. Ich bemerkte endlich, daß er immer auf eine Seite hinsah und auf einmal wieder aus vollem, lustigem Othem ein, Stückchen bließ. – Da kam aus einem etwas hoch liegenden Bauerhaus ganz eilig ein artiges Mädchen heraus gesprungen, ohne Haube, und band sich eine weiße Schürze noch auf der Vortreppe um, nickte ihm freundlich zu, bis er das Horn unter seinen linken Arm zurückwarf. –– »Guten Morgen Toni!« – rief sie dann aus ihren runden, glühenden Backen und mit einer Hand aus Geländer gestützt, – »wann kommst du wieder?« – »Um zehn, rief er, eine Milchsuppe.« – »ja – ja!« antwortete sie, so voll



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