Robinson Krusoe by Johann Karl Wezel

Robinson Krusoe by Johann Karl Wezel

Autor:Johann Karl Wezel
Format: epub
Tags: Erzählungen
Herausgeber: Rütten & Loening


Wie ein Mensch, der nach langer Abwesenheit zu dem Aufenthalte seiner ersten Jahre zurückkömmt, wo jeder Baum, jeder Winkel ihn an eine kindische Ergötzlichkeit oder einen kindischen Schmerz erinnert, mit der nämlichen Empfindung trat Robinson in die Hütte, die er sein Schloß nannte; allenthalben erblickte er Werke seines Fleißes, seiner Erfindsamkeit, allenthalben Örter, wo er sich über eine bevorstehende Not geängstigt, über ein ausgestandnes oder abgewendetes Unglück gefreut, wo er sich mit den Gespenstern der Einbildung herumgeschlagen, wo er den Tod erwartet, wo er ein unvermutetes Rettungsmittel wider eine große Verlegenheit gefunden oder über eine gelungne Arbeit triumphiert, wo er geweint, gelacht, gehungert, sich gelabt, gefürchtet, gehofft hatte; mit süßer Erinnerung überlief er die ganze Geschichte seines mühevollen Lebens und erzählte den Umstehenden mit froher Geschwätzigkeit bei jedem seiner Kunstwerke, wie ihn der Zufall darauf geführt, wie lange er daran gearbeitet, wie er dabei geschwitzt habe; er konnte des Erzählens und der Freude kein Ende finden.

Unterdessen mußte das Boot zu dem Schiffe zurückfahren, um die mitgebrachten Handwerksleute und Vorräte, die für die Kolonie bestimmt waren, herbeizuholen; die armen abgerißnen Insulaner empfingen Kleidung und Speisen, die sie seit so vielen Jahren nicht genossen hatten. Robinsons Vetter, als er die Arbeiten seines Onkels gesehn und bewundert hatte, begab sich wieder an Bord, und der junge Geistliche, der junge Mensch und die Magd, die unterweges zu ihnen kamen, blieben auf der Insel.

So fröhliche Gesichter und Herzen waren noch nie in dieser Einöde gewesen wie itzo; einer zeigte dem andern seine neue Kleidung, jeder fragte die angekommenen Europäer nach Nachrichten und Begebenheiten aus der Alten Welt, einer lief wider den andern, um Anstalten zur Bewirtung ihres Monarchen zu machen. Die Mahlzeit war auf allen Seiten äußerst vergnügt, doch Robinson brannte so sehr vor Ungeduld, die Geschichte der Kolonie während seiner Abwesenheit zu erfahren, daß er so bald als möglich die Tafel aufhob, um mit dem Spanier allein zu sein, der ihm die verlangte Erzählung versprochen hatte, und kaum waren sie es, als schon Robinson den Faden der Begebenheiten anknüpfte und nach der Ursache fragte, die ihn damals so lange auf dem festen Lande zurückgehalten hätte, als er dahin geschickt worden war, um seine übrigen Landsleute auf die Insel herüberzubringen.I. Teil, S. 111, 113.

»Nichts war daran schuld«, antwortete der Spanier, »als die Schwierigkeit, ein Fahrzeug zu finden, worinne wir meine Kameraden und die wenigen Habseligkeiten, die wir aus dem Schiffbruche gerettet hatten, herüberbringen konnten, denn das Kanot, auf welchem ich mit Franzens Vater hinüberfuhr, war zu klein für uns alle, da wir aus achtzehn Personen bestunden. Nachdem wir lange vergebens damit umgegangen waren, ein paar neue Kähne zu bauen, entschlossen wir uns zu einem Diebstahle, den uns die Notwendigkeit verzeihlich zu machen schien. Wir borgten von unsern Nachbarn, den Wilden, so viele Kanots, als wir brauchten, unter dem Vorwande, als wenn wir auf den Fischfang ausfahren wollten, und versprachen zur Erkenntlichkeit, unsre Beute mit ihnen zu teilen; die faulen Wilden, die gern in Ruhe zu Hause blieben und sich pflegten, gingen einen solchen Vorschlag mit Freuden ein, weil sie etwas zu essen bekommen sollten, ohne daß sie sich darum bemühen durften.



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