Reinlich & kleinlich?! - wie die Deutschen ticken by Yannik Mahr
Autor:Yannik Mahr [Mahr, Yannik]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: deutsche Eigenheiten, Deutschland, Deutsche, typisch deutsch
ISBN: 9783468692673
Herausgeber: Langenscheidt
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt
Die Italiener gestikulieren mit Händen und Füßen, die Türken schreien, die Araber drohen mit körperlicher Gewalt, wenn sie sich über etwas ärgern. Wir Deutschen sind da subtiler: Wir schreiben einen Beschwerdebrief.
Gut, wir können, zum Beispiel im Straßenverkehr, manchmal spontan ausfällig werden und sind auch sonst der einen oder anderen Pöbelei nicht abgeneigt. Nur bleiben darf es dabei eben nicht. Die Diskussion mit einem enttäuschten Deutschen mündet deshalb in den meisten Fällen in Sätzen wie: „Sie werden von mir/von meinem Anwalt hören!“ – „In dieser Sache ist das letzte Wort noch nicht gesprochen!“ – „Ich werde mich mit Ihrem Vorgesetzten in Verbindung setzen!“ Oder, der Klassiker: „Ich werde mich an höchster Stelle über Sie beschweren.“
Die „höchste Stelle“ kann zum Beispiel die Europäische Union sein, die aus keinem Mitgliedsland mehr Beschwerdebriefe bekommt als aus der Bundesrepublik. Es können aber auch die Chefs der Deutschen Bahn oder der Telekom sein, oder gleich die Bundeskanzlerin. Manchmal veröffentlicht eine große deutsche Boulevardzeitung gar ein Beschwerdeformular, das man nur noch unterschreiben, ausschneiden und an die entsprechend anzuprangernde Stelle schicken muss. Diese Methode ist die einfachste und schnellste Variante, gefolgt von Musterbeschwerdebriefen zu verschiedenen Themen, die sich der Deutsche für drei Euro aus dem Internet herunterladen kann. Im Netz gibt es auch diverse Ratgeber, wie ein Beschwerdebrief geschrieben werden muss, um erfolgreich zu sein. Dass einer der wichtigsten Tipps immer der ist, man solle sich nicht im Ton vergreifen, zeigt, dass die verärgerten Deutschen nicht weniger emotional sind als Italiener, Griechen oder Araber. Allein, sie zeigen es schriftlich.
Das liegt allerdings weniger daran, dass wir einmal das Land der Dichter und Denker waren und eine ausschließlich mündliche Konversation unter unserem kulturellen Niveau wäre. Nein, den Deutschen geht es darum, möglichst viel, am besten alles schwarz auf weiß zu haben. Mit jedem Blatt Papier sollen Fakten geschaffen werden, die man erstens abheften und auf die man sich zweitens im Verlauf eines weiteren Schriftverkehrs beziehen kann: „Wie ich bereits in meinem ersten Brief an Sie vom Januar dieses Jahres mitteilte …“
Wer es richtig anstellt, bekommt auf diesem Weg eine dicke Akte für eine spätere gerichtliche Auseinandersetzung zusammen. Denn selbstverständlich schließt ein erfahrener Beschwerdebriefschreiber diese niemals aus. Eine Formulierung wie „Ich behalte mir juristische Schritte vor“ gehört ans Ende eines jeden anständigen Beschwerdebriefs, so wie das berühmte „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss“ an den Schluss jeder Rede Catos.
Gern gedroht wird auch mit oben erwähnter Boulevardzeitung. Die hat längst ein eigenes Ressort eingerichtet, das sich für verärgerte und enttäuschte Leser einsetzt. Bei schlechtem Service in Hotels und Restaurants kann zudem neuerdings der Hinweis helfen, dass man seinem Unmut „auch auf einem der Bewertungsportale im Internet“ Ausdruck verleihen könnte. „Ich sage nur: TripAdvisor.“
Das klingt nun alles ein wenig miesepetrig und griesgrämig und damit genau so, wie die Deutschen in weiten Teilen der Welt gesehen werden. Dabei hat unsere Beschwerdekultur nicht nur aufgrund ihrer Verschriftlichung eine beeindruckende, beinahe vorbildliche Vorgeschichte. Wenn man so will, ist der Wille, sich nicht alles gefallen zu
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