Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken by Nina Puri

Autor:Nina Puri [Puri, Nina]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-13T16:00:00+00:00

Pubkultur

Schließzeiten, die keine sind, verschimmelnde Ausländer, Kneipenrunden, Kneipenkriechereien und 25 Worte für „betrunken“.

Pubs23 findet man in England an jeder Ecke. Sie sind in der Regel viel kuscheliger eingerichtet als deutsche Kneipen: mit Sofas und Sesseln und tausend gerahmten Bildern an den dunklen holzgetäfelten Wänden. Besonders gemütliche pubs haben sogar Kamin und Teppichboden! Ein pub ist nicht nur ein Ort, an dem man sich mit ein paar Kumpels abends einen hinter die Binde kippt, sondern ein Ort, der offen für alle ist. Daher auch der Name. Pub ist nämlich kurz für public house, auf Deutsch: „öffentliches Haus“.

Familiy-pubs sind beliebte Samstagmittagsziele für all die, die Stunden mit dem nölenden Nachwuchs im gardenmarket oder einen verregneten Vormittag am Spielplatzrand eines Youth League Fußballturniers verbracht haben und sich jetzt bei einem wohlverdienten sunday roast mit Yorkshire pudding erholen wollen. Die Tatsache, dass man dazu auch herrlich ein Mittagsbierchen zur Brust nehmen kann, ist ein wunderbarer Nebeneffekt. In sogenannten olde english pubs, „alt-englischen Kneipen“, trinkt man besser grundsätzlich nur Bier. Wer zwischen betagten Einheimischen und einem furzenden Hund nach Prosecco oder ähnlichem Firlefanz fragt, wird bestenfalls tote Blicke ernten und als Schwuchtel (poof) klassifiziert. Gastropubs sehen zwar so aus, als seien sie olde english pubs, servieren aber in Wirklichkeit sowohl Caipi und Sex on the Beach, als auch tatsächlich essbares Essen zu vollkommen überteuerten Preisen. Wer Freude an blinkenden, fiependen Spielautomaten und an gigantischen Flatscreens hat, ist bestens in einem sports pub aufgehoben. Hier bekommt man aufgetaute Snacks und Bier zu Apothekenpreisen, kann aber dafür der englischen Fußballmannschaft fast in Originalgröße beim Verlieren zuschauen.24

Chain pubs, „Kettenkneipen“, sind das traditionelle Zuhause arbeitsloser Trinker, auf Englisch: alkies. Täglich wechselndes Personal und eine Prügelei am späten Abend gehören zum festen Programm. Natürlich gibt es jede Menge weiterer Arten von pubs. Auch wenn einige mittlerweile bis 2 oder 3 Uhr geöffnet haben, ist bei den meisten nach wie vor zwischen 23 und 24 Uhr Feierabend – undenkbar für deutsche Kneipengänger!25

Auch sonst gibt es so einige Unterschiede zwischen englischem pub und deutscher Kneipe. Es fängt schon mal damit an, dass man als Deutscher leicht an einem pub-Tisch verschimmeln kann, denn so was wie Tisch-Service gibt es hier nicht – von irgendwelchen arty-farty, also „schickimicki“, Londoner pubs jetzt mal abgesehen. Sie werden dementsprechend auch keine Getränkekarte auf dem Tisch finden. Wenn Sie wissen wollen, welche Getränke im Angebot sind, müssen Sie aufstehen, zur Bar gehen und auf die Zapfhähne gucken – oder im besten Fall auf die Tafel an der Bar. Und wo Sie schon mal stehen, können Sie auch gleich bestellen. Am Tresen nämlich.

Aber Achtung: Bestellen Sie niemals nur für sich allein, wenn Sie nicht als egozentrische deutsche Kartoffelnase da stehen wollen, sondern für die ganze Runde, mit der Sie da sind. Selbst wenn es sich dabei nur um Exkollegen irgendwelcher Exkollegen handelt oder eine fremde Reisegruppe, die Sie erst vor fünf Minuten kennen gelernt haben, und Sie nicht mal sicher sind, ob die Pappnase mit der komischen Frisur da hinten links überhaupt dazugehört. Runden ausgeben ist in der britischen Kneipenkultur nämlich oberstes Gesetz.

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