Mitte 1 by Albrecht Behmel
Autor:Albrecht Behmel
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Humor, Bosheiten, Satire, lustig, Chicklit, Frauen, lachen, Spaß, Faust, Mephisto
ISBN: 9783958652415
Herausgeber: 110th
veröffentlicht: 2014-11-17T00:00:00+00:00
"Aba mach det bloß nich noch mal, ja?", hat die Tresenlesbe zu mir gesagt. Unglaublich! Sie hat mich böse angeschaut! Mich!
"Wat sollick nich noch mal machen? Bar im vorauszahln, odawat?", hab ich gesagt, und ich hab das so schnell gesagt, wie ich konnte, weil ich weiß: Nur das hilft in solchen Situationen bei 'ner echten Berliner Tresenlesbe.
"Nee, ick meine ja nur die da!", hat sie gesagt. Sie war schon dabei, sich zu beruhigen.
"Das ist die Jenny, und die darf das", hab ich gesagt.
"Weeß ick doch!", hat die Tresenlesbe gesagt und den Mund breitgezogen. Das war ein Zeichen dafür, dass sie uns einen Waffenstillstand angeboten hat.
Obwohl sie im Friedrichshain wohnt, ist die Jenny in Mitte echt bekannt, und das nicht erst, seit wir gemeinsam im Bädsys auftreten, sondern auch von früher schon, weil: Die fällt halt einfach auf, die Jenny, so viel wie sie immer verträgt und so wenig, wie sie meistens anhat.
"Der gehts grad nich´ so gut ... vaschdehste?", hab ich gesagt und die Tresenlesbe ist zu uns auf die andere Seite gekommen und hat sich die Jenny angeschaut, als sei sie was, dass man im Profil seiner Schuhsohle gefunden hat, nach einem harten Tag im Matsch draußen.
"Wat issn?"
"Na, Liebeskummer!"
"Nehabichgarnich", hat die Jenny gelallt und versucht, ihre Pupillen auf eine gesellschaftlich akzeptable Distanz einzustellen, aber das hat nicht geklappt. Sie hat ihren Kopf vor und zurückbewegt, bis sie uns wieder scharf sehen konnte.
"Was'n dann?", haben wir beide gefragt, die Tresenlesbe und ich.
"Schlechdesgewissn", hat die Jenny gesagt.
"Oh nee! Haste etwa selba Schluss jemacht?"
"Jaklarmannwerdnsons?"
Da haben wir uns angeschaut, die Tresenlesbe und ich, und ich hab ihr zugenickt und gesagt:
"Okay, das geht ab jetzt wieder mal auf mich, und du darfst auch mitsaufen, wenn du willst!"
"Denn mach ma", und sie hat erst mal eine doppelte Runde Shots gebracht, bis wir alle bisschen lockerer drauf waren.
Ich sagte:
"Übrigens: Wie heißt du denn?"
"Nanna", hat sie gesagt und mich so angeschaut, als wäre die normale Reaktion auf diesen Namen irgendwas aus dem großen Volkslexikon der fiesen Sprüche, aber ich hab nur gesagt:
"Prost, Nanna!"
"Weg damit!"
"Pros'damit!", hat die Jenny gesagt und sich gleich das ganze Glas in den Rachen geworfen, schade, dass so wenig drin war, zwei Ze-el, aber auf der anderen Seite: Es war wohl genau am richtigen Ort, dort in ihrem Kopf, weil: Die Jenny hatte es dringend nötig. Dann hat sie uns alles erzählt, in ihrer ganz typischen Jenny-Art, so dass es im Duden gequietscht hat.
Es hat sich rausgestellt, dass die Jenny nach einer Weile einfach eingesehen hat, dass sie die Wibke Schmidt nicht liebt, also mit Leidenschaft, sondern nur halt mag, allerhöchstens, und dass das einfach nicht reicht für eine Beziehung, und, dass sie, die Jenny, wenn sie schon mit jemandem zusammen sein muss, den sie nicht liebt, dann lieber mit mir als mit der Wibke Schmidt, auch, wenn das im Bett besser geklappt hat, mit der Wibke als mit mir, weil sie besser schläft, wenn die Wibke da ist, als wenn ich da bin, hat die Jenny gesagt. Aber darum gehts nicht, und mich liebt sie leider auch nicht und sich selbst liebt sie auch nicht, aber sie mag Wein.
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