Mein schönes falsches Leben by Hilary Freeman

Autor:Hilary Freeman [Freeman, Hilary]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik für Kinder und Jugend
ISBN: 9783732008193
Herausgeber: Loewe Verlag
veröffentlicht: 2017-03-13T00:00:00+00:00

Reinkarnationen

Vor langer Zeit habe ich mal eine ziemlich merkwürdige Geschichte über einen Jungen namens James gehört, der von Flugzeugen fasziniert war. Mit zwei bekam er auf einmal Albträume. Er wachte schreiend auf, weil er von Flugzeugen geträumt hatte, die ins Meer gestürzt waren, und von Männern in Todesangst, die in einem brennenden Flugzeug gefangen waren. Zunächst dachten alle, er habe eine ausgesprochen lebhafte Fantasie oder müsse zufällig irgendetwas in der Art im Fernsehen gesehen haben, doch seine Eltern beteuerten, dass es daran nicht liegen könne, weil er ausschließlich Kindersendungen guckte. Als seine Albträume immer häufiger auftraten und immer schrecklicher wurden, brachten seine Eltern ihn zu einem Therapeuten. Dort fing er an, Dinge zu beschreiben, die er beim besten Willen nicht hätte wissen können: die technischen Details eines Flugzeugs, präzise Angaben, was Jagdfliegern während des Krieges zugestoßen war, den Namen eines Flugzeugträgers, von dessen Deck er angeblich gestartet war, und seinen besten Freund, mit dem er zusammen geflogen war.

Aus Sorge um seinen Sohn und weil ihn das, was er gehört hatte, ziemlich verstörte, begann James’ Vater, im Internet zu recherchieren. Zu seinem großen Erstaunen fand er heraus, dass es sowohl den Flugzeugträger als auch den Piloten, von denen sein Sohn erzählt hatte, tatsächlich gegeben hatte. Bald darauf fing der kleine Junge an, seine Wachsmalstiftkrakeleien mit »James 3« zu unterzeichnen. Dann berichtete er seinem Vater, dass er vor der japanischen Insel Iwojima abgeschossen worden sei, wobei er bis ins Detail darstellte, wie und wo das Flugzeug getroffen worden war. Historische Dokumente belegten, dass es wirklich einen Piloten namens James M. Huston Jr. gegeben hatte, der im März 1945 vor Iwojima abgeschossen worden war, und zwar auf exakt die Weise, die der kleine James beschrieben hatte. Sein Flugzeug war in den Pazifik gestürzt und in Flammen aufgegangen und er war, darin eingeschlossen, ums Leben gekommen.

Obwohl sie wussten, dass es gegen jede Vernunft ging, kamen James’ Eltern zu dem Schluss, dass es nur eine einzige Erklärung für all das geben konnte: Die Albträume des kleinen Jungen kündeten von einem vergangenen Leben, der Existenz einer gequälten Seele, die keine Ruhe fand und schließlich, sechs Jahrzehnte später, in ihrem Sohn wiedergeboren worden war. Selbst Hustons Schwester war davon überzeugt. Als der Junge älter wurde, klangen die Albträume nach und nach ab. Aber die Familie glaubte weiter fest daran, dass ihr Sohn James die Reinkarnation von James M. Huston Jr. war.

Diese Geschichte geht mir durch den Kopf, als ich mich für mein Date mit Will zurechtmache. Ich gebe mir alle Mühe, so wenig wie möglich über meine missliche Lage nachzudenken, und versuche, mich mit meinem Leben als neue Ella zu arrangieren – denn wenn ich darüber nachdenke, gerate ich bloß wieder in Panik und fühle mich hundeelend, ohne dass es auch nur das Geringste ändern würde. Trotzdem stürzen jedes Mal, wenn ich auch nur für ein paar Minuten allein bin, sofort unzählige Ideen und Theorien auf mein Hirn ein. Meistens passiert das, wenn ich gerade unter der Dusche stehe; irgendwas an dieser Mischung aus Wärme, hoher Luftfeuchtigkeit

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