Lausdirndlgeschichten by Lena Christ

Lausdirndlgeschichten by Lena Christ

Autor:Lena Christ [Christ, Lena]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählungen
Herausgeber: Martin Mörike
veröffentlicht: 1912-12-31T23:00:00+00:00


Die Frau Bas

Eigentlich heißt sie ja Nanni. Und sie ist meiner Mutter ihre Schwester. Aber ich sage jetzt immer Frau Bas zu ihr.

Weil ich jetzt schon eine Bildung habe.

Die lernt man in der Stadt; das hat mir schon mein Großvater gesagt, wie er mich das erstemal in die Stadt gebracht hat.

Aber früher war ich gar nicht gebildet. Und zuerst war ich sogar dumm.

Aber jetzt nicht mehr.

Aber damals, wo ich noch ganz dumm war, hab ich einmal bei meiner Frau Bas einen Steinkrug vom Fensterbrettl herunter. Einen solchen, wo man bei den Bauern das Bier auf das Feld hinausbringt.

Und ich habe gedacht, daß es auch ein Bier ist.

Aber es war ein Petroleum.

Das schmeckt furchtbar.

Aber jetzt kenn ich es schon. Weil meine Mutter ein Wirtshaus hat.

Damals hab ich auch einmal den Großvater gefragt, wo die Eier herkommen.

Da hat er gesagt, von den Hennen.

Da hab ich gefragt, ob das weh tut, und er hat gesagt, ja.

Meine Frau Bas hat furchtbar viele Hennen gehabt.

Und alle Tage vielleicht fünfzig Eier.

Da ist immer am Freitag der alte Karrner Michel gekommen, und der hat dann seine große Eierkirm vom Buckel herunter.

Und dann hat ihm die Frau Bas zweihundert Eier hinein und hat immer eine Hand voll Gsott dazwischengelegt.

Dann hat ihr der Michel acht Mark gegeben und ist fort in die Stadt.

Weil sie da so viel brauchen.

Aber mir haben die Hennen furchtbar erbarmt, und ich habe gedacht, daß ich ihnen helfen muß.

Und ich bin in den Hühnerstall gekrochen und habe geschaut, wenn eine kommt.

Dann ist eine gekommen und hat furchtbar laut geschrien; und ich hab sie schnell gepackt, und habe ihr geholfen.

Aber sie hat kein Ei nicht gelegt.

Und die Frau Bas hat gesagt, daß sie hin wird, und daß ich ein dummes Luder bin.

Aber jetzt bin ich nicht mehr so dumm.

Jetzt weiß ich es schon, daß es nicht weh tut.

* * *

Meine Großeltern sind bloß Häuselleut. Aber die Frau Bas ist eine Bäuerin. Und sie hat ein großes Haus und einen hohen Misthaufen.

Und eine Bienenzucht.

Und sie hat furchtbar viel Honig und Wachs.

Aber sie verkauft es und hat uns gar nie nichts geschenkt.

Bloß auf Lichtmeß einen Wachsstock; aber das ist nicht viel. Den hat die Großmutter bis Ostern schon verbrannt gehabt.

Weil sie einen ganz finsteren Platz hat in der Kirche. Ganz hinten, bei den armen Leuten.

Und ganz nahe bei der Kirchentür, wo es immer so zieht.

Da hat die Großmutter oft gesagt, daß sie keinen warmen Fuß nicht kriegt, und daß sie den Husten auch nicht mehr anbringt. Und die Nanni soll ihr doch einmal ein Häflein Honig mitbringen.

Aber die Frau Bas hat den Kopf ganz scharf auf die Seite gedreht und hat das Nervenreißen bekommen.

Das kriegt sie immer, wenn man was verlangt von ihr.

Und dann hat sie gesagt, es ist schon recht.

Aber sie hat nie keinen gebracht, und die Großmutter hat oft die ganze Nacht gehustet.

Das hat mich furchtbar geärgert, und ich habe gedacht, daß das eine Gemeinheit ist, den Leuten die Zähne lang machen und das Maul wässerig.

Meine Großmutter hat auch immer gleich alles hergegeben, wenn die Frau Bas was gebraucht hat.



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