KHAOS: Touching Soul (German Edition) by Rina Lin

KHAOS: Touching Soul (German Edition) by Rina Lin

Autor:Rina, Lin [Rina, Lin]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: auf Tolino Epos
Herausgeber: Drachenmond Verlag
veröffentlicht: 2018-07-17T22:00:00+00:00


23

Nähe

Schon seit einer Weile saß ich auf dem Boden, die Wand im Rücken und starrte ins Nichts. Ich fühlte mich zerschlagen. Alles schmerzte, meine Seele am meisten.

Leid breitete sich aus und es wurden immer mehr Seelen um mich herum, die sich verfärbten und in Trauer versanken.

Die Familie litt gemeinsam und jeder von ihnen, dem die schlechte Nachricht überbracht wurde, fühlte den gleichen Schmerz. Nicht jeder trauerte auf dieselbe Weise und auch nicht jeden traf es so tief wie einen anderen, aber jeder auf seine Art war am Boden zerstört.

Und auch mir blieb nichts anderes übrig, als zu trauern. Ich hatte diese Menschen nie kennengelernt, die dort unbemerkt gestorben waren. Wahrscheinlich sogar schon Jahrzehnte vor meiner Geburt. Doch die schmerzhaften Gefühle stürmten von überall auf mich ein und selbst wenn ich versuchte, mich davor zu verschließen, es nicht zuzulassen, dass fremde Emotionen mich so niederdrückten, schaffte ich es doch nicht, die eine Seele auszusperren, die mir gerade alles bedeutete.

Khaos.

Er war nur eine Tür weiter. Zur Krankenstation raus und durch die erste Tür wieder rein. So nah und doch so unendlich weit weg. Sein Schmerz war unermesslich, und der meine dadurch auch. Tiefe Liebe erzeugte bei Verlust tiefe Trauer und ich wusste nicht, was ich tun konnte, um ihm beizustehen. Denn nur die Zeit konnte ihm helfen.

So hatte ich es zumindest empfunden, nachdem meine Mutter die Augen geschlossen hatte und mit ihrem letzten Atemzug auch ihre Seele gewichen war. Still hatte sie dagelegen. Ihr Körper war noch da, doch sie war gegangen. Und ich war völlig allein geblieben.

Ich schlang die Arme um meinen schmalen Oberkörper, presste meinen schmerzenden Brustkorb zusammen. Verzweifelt versuchte ich, nicht auseinanderzufallen, und fühlte mich nackt und allein. Meine Augen brannten und trotzdem konnte ich nicht mehr weinen, mein Hals war trocken und dennoch konnte ich mich nicht aufraffen, etwas zu trinken.

Mein Körper tat weh. Die Wirkung der Tabletten ließ nach, machte mich empfindlich, steigerte meine Kopfschmerzen und ich fühlte mich wie im Fieber, wenn sich das Empfinden der Fingerspitzen veränderte, wenn die Welt von außen auf den Körper zu drücken schien.

Ich war noch nicht übermäßig lange wach und doch war schon so viel passiert, hatte schon so viel an meinen Nerven gezerrt, dass ich einfach müde war.

Der erste Infusionsbeutel fing an zu fiepen und riss mich aus meiner Lethargie. Ich stöhnte auf, schloss kurz die Augen, nur um sofort auf Khaos’ Seele zu stoßen. Er ging in Gedanken all die Menschen durch, die er verloren hatte und jedem von ihnen widmete er eine andere Farbe, ein eigenes Gefühl, die so fein waren, wie Charaktere unterschiedlich. Jeder dieser neunzehn war etwas Besonderes gewesen, hatte in Khaos’ Wesen seinen eigenen Platz gehabt und er fühlte sich schrecklich, dass er sie nicht hatte beschützen können. Er durchlebte Hoffnungslosigkeit, sein eigenes Versagen, die Verantwortung, die er auf sich lud, obwohl er es nicht hätte verhindern können.

Es fiepte wieder und ich öffnete die Augen. Mühsam stemmte ich mich auf die Füße hoch. Meine Knie wollten kaum mein Gewicht tragen und doch schaffte ich es irgendwie rüber zu meinem Tisch.



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