Heimliche Helden by Ulrike Draesner

Heimliche Helden by Ulrike Draesner

Autor:Ulrike Draesner [Draesner, Ulrike]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3630873731
Herausgeber: Luchterhand Literaturvlg.
veröffentlicht: 2013-05-27T22:00:00+00:00


Msabu, Kuckuck und dänisches Porzellan

Etwas anderes kommt hinzu. Der Grund für Blixens Aufladung der afrikanischen Zeit ist das »afrikanische Erleben« selbst.

Die Autorin versucht, sich die Geschehnisse um die Farm und ihre Menschen zu deuten. Es misslingt. Sie greift auf vertraute Muster zurück, schreibt bereits in Afrika, schreibt in Dänemark. Der erste Selbstbericht entsteht auf Englisch, reicht aber nicht aus. Sie lässt sich für sich selbst von einer Dänin übersetzen, um sich von fern in der eigenen Sprache zu betrachten, und beginnt, das Geschriebene erneut zu deuten. Sie verstärkt den Bildungsrahmen, benutzt intensivere Farben. Wieder versucht sie zu verstehen.

Die Bohne am Baum gibt keinen Kaffee. Sie muss geerntet werden, geröstet, gemahlen. Die Maschinen der Karen Coffee Company drehen sich auch nachts, elektrische Lichter flackern, zwischen den dunkel leuchtenden, an den Geräten auf- und abtauchenden Gesichtern zeigt sich auch die Msabu. Immer wieder kann man in Blixens Selbstberichts-Roman verfolgen, wie weißer Blick und schwarzes Land sich überschränken. Die Steine des Mosaiks stammen aus Afrika, die Hand, die sie einsetzt, bleibt dem Kontinent fremd. In einem Bild von Blixen gesagt: Beim Lesen von Jenseits von Afrika isst man, ob man will oder nicht, von dänischem Porzellan und hört den Kuckuck rufen.

Zur vollen Stunde springt er aus der unwahrscheinlichsten aller Uhren, sehr zur Freude der Kikuyu-Kinder, die lange schon auf ihn warten. Über diesem Warten in Blixens Flur haben sie die zu hütenden Ziegen und ausgerechnet die Zeit vergessen. Eine Uhr ist reichlich absurd in ihrem Leben, in dem Zeit in anderen Rhythmen geht. Und dann eine mit Kuckucksruf – diesem Schwarzwaldlaut. Endlich schießt der koloniale Vogel heraus, schreiend stieben die Kinder davon. Fremdheit, Entzücken und Schrecken sind für Sekunden eins.

Ort ihrer Verschmelzung ist die Farm. Karen Blixen steht im Rahmen der Tür und beobachtet die Hütekinder. Wir stehen im Rahmen der geschriebenen Tür und sehen, wie sie sieht und wie die Kinder in die Luft starren und warten, und laufen und nichts sehen, während der blinde Kuckuck ihnen nachruft und sich wieder versteckt im Schwarzwaldholz, mit seinem fremden, seinem exotischen Ton.

Auch der Leser wird mit Entzücken und Schrecken, Fiktion und Wahrheitsbericht konfrontiert. Blixen ist vorgehalten worden, kolonialistisch oder zumindest eurozentristisch auf Afrika zu blicken. Dieser Vorwurf führt doppelt ins Zentrum. Er betrifft sowohl Jenseits von Afrika als auch unseren Zugang zu diesem Buch. Er führt in Widersprüche und Paradoxien.

Zum einen: Blixen denkt unkonventionell und ist verglichen mit ihren Zeitgenossen in vielem fortschrittlich. Die dänische Fassung des Lebens-Erfindungs-Berichtes kritisiert Auswüchse des Kolonialismus deutlicher als die englische. Die Geschichte des Kikuyu-Jungen Kitosh, der von seinem weißen Herrn einer Nichtigkeit wegen misshandelt wird und an den Folgen stirbt, sollte nach dem Willen des Verlegers in der englischen Buchfassung zunächst gar nicht erscheinen. Blixen bestand auf ihrem Abdruck.

Zum anderen: Als Eigentümerin einer Farm trat die Baronin in koloniale Strukturen samt aller Rechte und Pflichten ein. Sie profitierte vom britischen Ostafrikasystem, auch wenn sie es kritisierte. Sie setzte es fort. Ihr Buch ist, wie das Leben auf der Farm, durchdrungen von der Macht Weiß-über-Schwarz.

Zum einen: Blixen ist keine



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