Frau Bovary by Gustave Flaubert
Autor:Gustave Flaubert [Flaubert, Gustave]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: France -- Fiction
Herausgeber: MOST Publishing
veröffentlicht: 2005-04-25T16:00:00+00:00
Elftes Kapitel
Homais hatte letzthin die Lobpreisung einer neuen Methode, KlumpfüÃe zu heilen, gelesen, und als Fortschrittler, der er war, verfiel er sofort auf die partikularistische Idee, auch in Yonville müsse es strephopodische Operationen geben, damit es auf der Höhe der Kultur bleibe.
âWas ist denn dabei zu riskieren?â fragte er Frau Bovary. Er zählte ihr die Vorteile eines solchen Versuches an den Fingern auf. Erfolg so gut wie sicher. Wiederherstellung des Kranken. Befreiung von einem Schönheitsfehler. Bedeutende Reklame für den Operateur. âWarum soll Ihr Herr Gemahl nicht beispielsweise den armen Hippolyt vom Goldnen Löwen kurieren? Bedenken Sie, daà er seine Heilung allen Reisenden erzählen würde. Und dann ...â Der Apotheker begann zu flüstern und blickte scheu um sich, â... was sollte mich daran hindern, eine kleine Notiz darüber in die Zeitung zu bringen? Du mein Gott! So ein Artikel wird überall gelesen ... man spricht davon ... schlieÃlich weià es die ganze Welt. Aus Schneeflocken werden am Ende Lawinen! Und wer weiÃ? Wer weiÃ?â
Warum nicht? Bovary konnte in der Tat Erfolg haben. Emma hatte gar keinen AnlaÃ, Karls chirurgische Geschicklichkeit zu bezweifeln, und was für eine Befriedigung wäre es für sie, die geistige Urheberin eines Entschlusses zu sein, der sein Ansehen und seine Einnahmen steigern muÃte. Sie verlangte mehr als bloà die Liebe dieses Mannes.
Vom Apotheker und von seiner Frau bestürmt, lieà sich Karl überreden. Er bestellte sich in Rouen das Werk des Doktors Düval, und nun vertiefte er sich jeden Abend, den Kopf zwischen den Händen, in diese Lektüre. Während er sich über PferdefuÃbildungen, Varus und Valgus, Strephocatopodie, Strephendopodie, Strephexopodie (d.h. über die verschiedenartigen inneren und äuÃerlichen Verkrüppelungen des menschlichen FuÃes), Strephypopodie und Strephanopodie (das sind FuÃleiden, die oberhalb oder unterhalb der Verkrüppelung um sich greifen) unterrichtete, suchte Homais den Hausknecht vom Goldnen Löwen mit allen Mitteln der Ãberredungskunst zur Operation zu bewegen.
âDu wirst höchstens einen ganz leichten Schmerz spürenâ, sagte er zu ihm. âEs ist nichts weiter als ein Einstich wie beim Aderlassen, nicht schlimmer, als wenn du dir ein Hühnerauge schneiden läÃt.â
Hippolyts blöde Augen blickten unschlüssig um sich.
âIm übrigenâ, fuhr der Apotheker fort, âkann mirs natürlich ganz egal sein. Dein Nutzen ist es. Ich rate dirs nur aus purer Nächstenliebe. Mein lieber Freund, ich möchte dich gar zu gern von deinem scheuÃlichen Hinkfuà befreit sehen, von diesem ewigen Hin- und Herwackeln mit den Hüften. Du kannst dagegen sagen, was du willst: es stört dich in der Ausübung deines Berufs doch erheblich!â
Nun schilderte ihm Homais, wie frei und flott er sich nach einer Operation werde bewegen können. Auch gab er ihm zu verstehen, daà er dann mehr Glück bei den Weibern haben würde, worüber der Bursche albern grinste.
âSchockschwerebrett! Du bist doch auch ein Mann! Du hättest doch auch nicht kneifen können, wenn man dich zu den Soldaten ausgehoben und in den Krieg geschickt hätte! Also Hippolyt!â
Homais wandte sich von ihm ab und meinte, so ein Dickkopf sei ihm noch nicht vorgekommen. Er begreife nicht, wie man sich den Wohltaten der Wissenschaft derartig störrisch entziehen könne.
Endlich gab der arme Schlucker nach.
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