Europäisches Sklavenleben by Friedrich Wilhelm Hackländer

Europäisches Sklavenleben by Friedrich Wilhelm Hackländer

Autor:Friedrich Wilhelm Hackländer [Hackländer, Friedrich Wilhelm]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Kröner
veröffentlicht: 1874-12-31T23:00:00+00:00


Vierundfünfzigstes Kapitel. Am Neujahrstage.

[166] Wie immer, so lange wir nach unserem christlichen Kalender rechnen, war das alte Jahr acht Tage, nachdem die Weihnachtsbäume gebrannt, zu Ende gegangen. – Es ist das für die Menschen[166] eine angenehme Periode: viel Festtage, Geschenke, Lust und Freude aller Art, namentlich in der Sylvesternacht, wo Jeder so viel als möglich sich bemüht, vom alten Jahre fröhlich Abschied zu nehmen und das neue jubelnd zu empfangen.

Trotz den erneuerten Verordnungen einer hochpreislichen Polizei hatte es auch dieses Mal wieder an allen Ecken der Stadt geknallt, ja selbst in der Nähe der Polizeidirektion, wo sich einige Mordschläge mit unerhörtem Spektakel entladen, so daß der Präsident erschrocken aus seinem Bette aufgefahren war und sogleich nach seiner Nase gegriffen hatte, weniger, um sich zu überzeugen, ob sie ihm nicht weggeschossen worden, als vielmehr, um, während er diese treue Freundin sanft befühlte, mit sich zu Rathe zu gehen, wie dem heillosen Unfuge ein- für allemal gründlich zu steuern wäre.

Nach der geräuschvollen Sylvesternacht folgte nun ein heiterer Neujahrstag, heiter insofern, und auch freundlich und gefällig, als er in starkem Froste und blauem Himmel erschien, die nasse Erde trocknete und sich auf diese Art der vielen lackirten Stiefel und Stiefelchen, auch schwarzer Fräcke und weißer Strümpfe erbarmte, die namentlich am heutigen Vormittag in der Stadt umherschwärmten. Das lief und rannte, behend und eilfertig, durch einander mit vergnügten Gesichtern, bald hier einem Freunde zurufend, dort einem Bekannten winkend, jetzt plötzlich stehen bleibend, um mit herabgerissenem Hute einen Vorgesetzten zu grüßen, dann wieder davon springend, um in irgend ein ansehnliches Haus zu verschwinden, wo die schwarzen Fräcke und weißen Handschuhe in langer Reihe auf einander folgten.

Auch vielerlei ward von den Gratulanten in der Hand und unter dem Arme getragen, als: zierliche Paketchen von weißem Papier mit rothen und blauen Schnüren, Düten mit Zuckerwerk, Blumenbouquets; und alles das wurde sorgfältig gehütet, daß man es nicht in dem Menschengewühl zerdrückte oder zerstieß, und[167] damit es wohlbehalten an den Ort seiner Bestimmung gelange. Dort angekommen, blinzelte man an dem Hause in die Höhe, nöthigte die schüchternen Hemdkragen ein Weniges aus dem schwarzen Halstuche heraus, besah die Handschuhe und schlüpfte dann in den Hausflur.

Dazwischen rollten Wagen in großer Anzahl durch die Hauptstraßen der Stadt, die Pferde mit den besten Geschirren bedeckt, die Kutscher en grand tenue, die Lakaien hinten auf, ordentlich triefend von Wichtigkeit.

Wenn man zufällig in die Gegend kam, wo sich die Ministerien befanden, so war man ordentlich betäubt von all’ dem Gerassel, von dem Rufen der Bedienten, von dem Zuschlagen der Wagenthüren. Am allergrößten war das Gedränge der Equipagen an den Einfahrten des königlichen Residenzschlosses, und obgleich die allerhöchsten und höchsten Herrschaften die förmliche Gratulationscour abgesagt hatten, so entleerte doch ein Wagen nach dem andern seinen Inhalt in reichgestickter Uniform mit Hut und Degen an der großen Freitreppe, die vermittelst des Marmorvestibuls zu einem Vorzimmer führte, wo ein großes Buch aufgeschlagen lag, in welchem alle ihre Namen und Titel einschrieben.

Der gewöhnliche Rapport war natürlicherweise heute ebenfalls in großer Uniform erschienen, wo Jeder, der das Glück hatte, vor



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