Empfang bei der Welt by Heinrich Mann

Empfang bei der Welt by Heinrich Mann

Autor:Heinrich Mann [Mann, Heinrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman, RawEpub
Herausgeber: Fischer
veröffentlicht: 1968-12-31T22:00:00+00:00


16.

Das Büfett

Auf dem weichen Teppich wäre er nicht zu hören gewesen. Überdies schlich er, infolge seiner unvermittelten Ermüdung. So ist nun einmal unsere Wiederkehr, hiermit erklärte er sich seine Schwäche. Wir erscheinen – sind eingeladen und kommen. Die Lebenden werden, solange sie von dieser Welt sind, nie bemerken, was es uns kostet. Womöglich fürchten sie sich, als wäre unser Zustand nicht vor allem uns selbst gefährlich.

In den nächsten Sessel ließ er sich beschwerlich nieder. Meine letzte halbe Stunde, so sann er, war bloßer Übermut. Tote, die des Namens würdig sind, verachten Unfug und Schabernack. Diese begründen gerade die müßige Vorstellung, die Weltkinder sich von uns machen. Allerdings quittierte eine so leichte Ungebühr nur das Aussetzen meiner Selbstkontrolle: das aber verantworte ich. Unverzeihlich hatte ich an dem heutigen, jetzt schon gestrigen Tage ausgeschweift.

Ich badete in meinem Gold, gleichviel im Fluß der Ewigkeit, der nirgends entspringt, niemals mündet. Wundervoller Überschwang, wenn auch anstrengend außer jeden Vergleiches! Ich widerstehe nicht, bin weder fähig noch gewillt, mein Gesetz zu brechen und es will die Ausschweifungen der Passion. Verhängnisvoll wären sie? Mit, »dem Abberufenen«? fragte er, bewegte die Lippen kraftlos und hatte bei Gott keinen gebieterischen Blick.

Aber hätte ich nicht gebadet und soll es zu meiner Stunde wieder tun, was vermöchte über mich, den sie für neunzig halten eine leichtsinnige halbe Stunde mit einigen Geschöpfen gemeiner Ordnung, Nutten, Polizisten und so fort. Sie gehören in die irdische Zeitrechnung. Anders als wir, haben sie wirklich ein Alter, der Regen durchnäßt Sie nicht zum Schein, ihre Automobile und Gefängnisse gehen ihnen an die Nieren. Meinem Sohn Arthur seine Geschäfte. Ein drolliger Empfang bei der Welt wird dies sein.

Die Selbstbetrachtung Balthasars fiel in die bemessene Weile, als, mehrere Räumlichkeiten dahinter, das Konzertpublikum seinen Appetit beherrschte, sich vielmehr anstellte, als habe es alle begehrten Genüsse im Musiksaal schon empfangen, das Büfett sei vergessen. Die beladene Tafel wartete solange einsam

Silber oder Kristall klirrten wohl einmal heimlich, ohne menschliches Dazutun, hätte einer gedacht. Indessen, von den vier Aufwärtern, die kostümiert die Wand entlang standen, war dem oder jenem eine Berichtigung des Aufbaus eingefallen. Er begab sich an die Stelle. Sein Gang war lautlos, seine Hand behutsam, auch wahrten sie ihre Zungen, gewiß aus Scheu vor ihrem eigenen, unerhörten Werk. Dies hieß ein Büfett. Aber dreißig Jahre mußte beim Geschäft sein, wer es das vorige Mal gesehen haben wollte. Der älteste Lohndiener flüsterte davon, mit völlig geisterhaften Lippen.

Gesetzt, nebenan lauschte ein Gespenst, konnte es bislang nicht einwenden, es hätte sich zeigen dürfen. Da brach eine Stimme die Beschwörung. Eine unbedingt lebendige Stimme, sie sagte: »Mich wollen Sie neppen?«

Das war die hübsche Nina, der unsichtbare Balthasar erkannte sie, obwohl er sie nicht sah. Die Stimme war unnachahmlich spröde, hier und da brach sie; dann folgte der gewisse tiefe Ton, der an die Sinne rührt.

»Mensch!« fügte sie hinzu; zweifellos tippte sie dabei ihren Zeigefinger an die Schläfe. »So schlau wie Sie bin ich auch. Mein Zimmer braucht er! Und was noch?« Hier kniff sie gewiß ein Auge zu. Der Mann, nach dem Gehör ein Unbekannter, sprach bezaubernd auf sie ein.



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