Ein todsicherer Plan by Moore Christopher

Ein todsicherer Plan by Moore Christopher

Autor:Moore, Christopher
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2016-06-27T06:44:57+00:00


17

Tragt mich zu Grabe

In den folgenden zwei Tagen versuchte Charlie, sich daran zu gewöhnen, sein Leben als ein anderer zu leben. Er spazierte im Viertel herum, machte Besorgungen und gewöhnte sich wieder an die Außenwelt, an die Leute, den Verkehr, den Sonnenschein. Er ging zum Rathaus und beantragte, seinen Namen von Mike Sullivan in Charles Michael Sullivan zu ändern, sodass er eine einfache Erklärung dafür hatte, wieso man ihn in seinem näheren Umfeld Charlie nannte. In seinem Job nahm Mike tröstende Worte wegen des Unfalls entgegen und sorgte dafür, dass jeder, der ihm begegnete, von seinem Gedächtnisschwund erfuhr, und bat um Nachsicht dafür, dass er mit den Details seines Lebens nicht recht vertraut war. Glücklicherweise schienen die meisten Leute, die er traf, Mike Sullivan für einen ganz anständigen Kerl zu halten, wobei es den Eindruck machte, als würde ihn niemand sonderlich gut kennen, was ganz in Charlies Sinne war.

»Das mit dem Gedächtnisschwund ist super«, sagte er zu Audrey, die sich über ihre Nähmaschine beugte und eines von Dutzenden Kostümen für die Hörnchenmenschen schneiderte. »Man sagt einfach: ›Tut mir leid, leider weiß ich deinen Namen nicht. Ich bin von der Golden Gate Bridge gefallen. Seitdem kann ich mich kaum noch an was erinnern.‹ Schon sind alle nett zu dir.«

»Wahrscheinlich würden sie die Ausrede selbst gern benutzen«, sagte Audrey. »Es ist doch absurd!« Sie zog den Faden aus der Nadel und riss ihn ab. »Ich kann unmöglich allen Hörnchenmenschen prunkvolle Kostüme schneidern. Diese Liste, die Bob mir gegeben hat, ist unsinnig. Die ersten Kostüme bestanden aus Stofffetzen, die ich im Laufe von Monaten gesammelt hatte. Es wäre ein Vollzeitjob, allein das Material zu besorgen, ganz zu schweigen davon, jedem Einzelnen ein einzigartiges Kostüm zu nähen.«

»Vielleicht kann ich dir ja helfen«, sagte Charlie.

»Das ist nett, aber du hast auch so schon genug zu tun. Ich werde einfach ein paar Stoffballen kaufen und ihnen daraus schlichte Kittel nähen, mit Kordelzughosen wie im Krankenhaus. Die können sie sich dann selbst passend machen.«

»Klingt gut«, sagte Charlie. »Nimm Wackelcharlie als Vorlage.«

Charlie war schon daran gewöhnt, dass Wackelcharlie ihm im Buddhistischen Zentrum überall hinterherdackelte, wobei das kleine Monster alle seine Bewegungen nachmachte. Wenn Charlie zur Toilette ging, folgte ihm WC und pinkelte in eine kleine Plastikschüssel, die Charlie auch dafür benutzt hatte, als er selbst noch ein kleines Monster gewesen war. Wenn Charlie sich hinsetzte, um Mike Sullivans Unterschrift zu üben, saß WC auf seiner Nussmix-Dose vor einem kleinen Bücherstapel, den er als Schreibtisch nutzte, und übte sich ebenfalls im Schreiben, was größtenteils daraus bestand, Löcher ins Papier zu ritzen und am Stift zu lecken, um dann tintige Zungenabdrücke zu Papier zu bringen. Einige der Interessanteren klebte Charlie an den Kühlschrank.

Wackelcharlie erlernte gewisse Fertigkeiten, doch schien er sich kein größeres Vokabular anzueignen, schnappte nur hin und wieder das eine oder andere Wort auf und sortierte die Wörter zu einer Art Syntax um die Formulierung »Möchte Käse« herum. Ansonsten hörte man von ihm nur aufgeregte, glückliche Laute oder so ein enttäuschtes Seufzen, das er von sich gab, wenn der Käse auf sich warten ließ oder Charlie aus dem Haus ging, ohne ihn mitzunehmen.



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