Du zahlst den Preis für mein Leben by Carolin Philipps

Du zahlst den Preis für mein Leben by Carolin Philipps

Autor:Carolin Philipps [Philipps, Carolin]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-07T23:00:00+00:00


8

Was Kali meinte, zeigte sich schon am nächsten Morgen. Als Nica in kurzen Hosen und einem ärmellosen T-Shirt am Frühstückstisch erschien, schaute Ibu sie missbilligend an. »Du willst doch nicht so nach draußen gehen?«

»Wieso?«

»Ein anständiges Mädchen geht nicht halb nackt aus dem Haus.«

»Wieso halb nackt? Es ist Sommer. Alle laufen so herum. Was ist daran so schlimm?«

»Du bekommst keinen anständigen Mann, wenn du so herumläufst.«

»Was ist auf einmal mit euch los? Ich bin doch immer so herumgelaufen. Ihr habt nie gesagt, dass es euch stört.«

»Gestört hat es uns immer, weil kein anständiges Mädchen so herumläuft. Aber wir waren nicht zuständig«, sagte Bapak. »Doch jetzt wohnst du hier bei uns, bist Teil meiner Familie. Und hier gelten meine Regeln, die Regeln, wie sich ein anständiges Mädchen aus einer muslimischen Familie zu verhalten hat. Ich möchte nicht, dass meine Freunde schlecht über uns reden, weil wir zulassen, dass du halb nackt herumläufst. Also zieh dir bitte eine lange Hose und eine Strickjacke an.«

Kali grinste Nica an. Sein Blick sagte: Hab ich zu viel versprochen? Hier herrschen Bapaks Regeln.

Nica biss sich auf die Zunge. Fehlte nur noch, dass sie einen Jilbab anziehen sollte! In Kalis Zimmer zog sie sich um, legte ihre kurze Hose und das T-Shirt demonstrativ auf das Bett, zeigte sich dann noch kurz im Esszimmer, wo Ibu und Bapak ihr zufrieden zunickten, während Kali weiter grinste, schnappte sich ihre Schultasche und verschwand.

Aus dem Schrank in ihrem Zimmer unten holte sie sich ein neues T-Shirt und einen kurzen Rock. Hinten im Park zog sie sich um, steckte ihre Jeans und die Strickjacke in eine Tüte und versteckte sie unter einem Busch. Dann verließ sie den Garten durch die Gartenpforte.

Als Kali sie in der Klasse sah, grinste er wieder, sagte aber kein Wort. Mittags zog sie sich an der gleichen Stelle wieder um und erschien zum Essen bei Ibu in Jeans und Strickjacke.

Als weitaus größeres Problem stellte sich aber Nicas Hobby heraus. Aus der Schwimmabteilung des Vereins war sie nach dem Tod des Vaters ausgetreten, obwohl ihr alle großes Talent bescheinigten. Aber Wasser war für immer mit seinem Tod verbunden. Durch Emma war sie eher zufällig in die Volleyballmannschaft geraten und spielte nun seit Jahren mit großem Erfolg.

Ibu, die sich seit Nica bei ihnen eingezogen war, für alles mehr verantwortlich fühlte, als Nica das eigentlich ertragen konnte, wollte sie unbedingt einmal zu einem Spiel begleiten. »Damit ich weiß, was du in deiner Freizeit machst.« Früher hatte Nica sich immer gewünscht, dass ihre Mutter sich die Zeit nehmen würde, sie zu Turnieren zu begleiten, sie anzufeuern, Siege mitzufeiern und sie bei Niederlagen zu trösten – so wie andere Eltern das machten. Die Mutter hatte nie Zeit gehabt. Daher hatten Emmas Eltern Nica zu Hause abgeholt und sie nach dem Spiel wieder zurückgebracht.

Aber das war lange her. Heute brachte niemand mehr seine Eltern mit. Doch Nica traute sich nicht, Ibu zu sagen, dass ihr das peinlich wäre. Es wurde schlimmer als befürchtet. Vom Spiel verstand Ibu nichts, aber das interessierte sie auch von dem Moment an nicht mehr, als die Spielerinnen das Spielfeld betraten.



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