Die Wikingerin by Glaesener Helga

Die Wikingerin by Glaesener Helga

Autor:Glaesener, Helga [Glaesener, Helga]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2023-02-24T00:00:00+00:00


14. Kapitel

Einar stand am Bug seines Schlangenschiffs und starrte, mit den Ellbogen auf die hölzerne Reling gestützt, hinüber zur fränkischen Küste. Hinter einem weißen Sandstrand wuchsen Gräser, dann folgten Wiesen, die am Horizont in einen lebensstrotzenden Sommerwald übergingen. Er wusste, dass sich in dem Wald ein Kloster befunden hatte, das vor Jahren von den Dänen überfallen und zerstört worden war. Es war nicht wieder aufgebaut worden, und auch sonst gab es in der Nähe kaum Siedlungen. Genau deshalb hatte er seine Schiffe und die seiner Verbündeten in der kleinen Bucht, die sich hier befand, vor Anker gehen lassen.

Die Monate, die zurücklagen, hatten an seinen Kräften gezerrt. Die Fahrt von der flandrischen Küste über den Vik-Fjord hinauf nach Tønsberg war eine Kraftanstrengung gewesen. Ein Schneesturm hätte sie fast auf den Meeresgrund geschickt, etliche seiner Männer hatten Erfrierungen erlitten. Aber das hatte ihn nicht aufhalten können.

Sobald sie die Stadt erreichten, hatte er Boten zu den umliegenden Stämmen geschickt und mit einem Raubzug gelockt, der den beteiligten Kämpfern ein Übermaß an Reichtum bescheren und ihnen sämtliche Lebensträume erfüllen würde. Dass einer der fränkischen Großen sie unterstützen würde, hatte er ebenfalls gestreut.

Hrolf der Geher hatte Interesse gezeigt – ein Riese von Mann, der angeblich so schwer war, dass ihn kein Pferd tragen konnte, weshalb er zu einem ausdauernden Läufer geworden war. Er war kein Stammesfürst, besaß aber viele Freunde unter den Mächtigen Norwegens. Und so hatte er es geschafft, mehr als zweitausend Mann um sich zu sammeln, von denen jeder Einzelne begierig darauf war, die Stadt Paris zu erobern.

Außerdem hatte ein Kämpfer namens Sigfried an seine Tür geklopft, ein älterer Mann, der schon zahlreiche Schlachten unter den Christenvölkern geschlagen und etliche davon gewonnen hatte.

Bevor die beiden zu seinem Langhaus kamen, hatte Einar aus den Kammern seines Hofs die besten Beutestücke hervorgekramt, die er im Lauf seines Lebens gehortet hatte, und sie auf die Bänke in der Halle gelegt und dann an die langsam heranströmenden Gäste verteilt: Das seien Kleinigkeiten, die er bei seinem Raubzug nach Flandern so nebenbei eingesackt hatte. Doch der große Schlag würde erst in einigen Monaten folgen, im späten Frühling. Und wer über einen festen Mut, ein scharfes Schwert, tapfere Krieger und natürlich über ein eigenes Schiff verfüge, sei von Herzen willkommen, hatte er gesagt.

Gemeinsam mit seinen Verbündeten hatte er siebenunddreißig Schiffe zusammenbekommen, darunter vierzehn seiner eigenen Boote, die seine Leute während des Winters repariert hatten – die Schlangenschiffe, wie sie allgemein wegen der goldenen Schlangen an den Vordersteven genannt wurden. Die Augen der eisernen Reptilien glichen seinen eigenen: Sie waren rund und wurden durch einen schwarzen Strich in der Mitte geteilt. Sogar ihm selbst lief ein Schauder über den Rücken, wenn er sie betrachtete. Auf seine Gegner mussten sie wirken, wie … Vorboten der Vernichtung, hoffte er. Die Boote von Hrolf dem Geher hatten den Namen Kormoran bekommen, weil er seine Steven mit Abbildern der schwarzen Wasservögel schmückte. Die von Sigfried endeten etwas einfallslos in Drachenköpfen, wie so viele Wikingerschiffe.

Gleich wie: Jedes der Boote hatte zwischen fünfzig und hundert Mann an Bord, und das war stattlich.



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